Fünftes Kapitel.
Italienische Bildncrci von 120(
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Werke sind technisch und stylistisch vollendeter als jene von Pisa, aber
die Anordnung des Reliefs ist gedrängter, zum Theil selbst überladen.
Antike Auffassung kommt auch hier mehrfach vor, namentlich bei der
Geburt Christi (Fig. 148). Aber die christliche Empfindung hat grössten-
theils das streitig gemachte Gebiet wieder erobert und erhebt sich bei der
Schilderung des Kindermords und der Kreuzigung zu leidenschaftlicher
(iewalt. Ebenso ist die grosse Darstellung des jüngsten Gerichts voll
tretflicher Einzelzüge, tiefen Ausdrucks und feiner Durchbildung. Wohl
mag diese lebhaftere Charakteristik hauptsächlich auf Rechnung der
jüngeren Gehülfeir kommen; aber ohne Zweifel gehorehten sie darin nur
einem natürlichen Einfluss der Zeit, dem auch der alte Meister sich nicht
entzogen haben wird. In den Einzelgestalten der Tugenden, Künste und
Wissenschaften ist die Schönheit antiker Auffassung mit der Innigkeit
christlichen Gefühls mehrmals zu seelenvollem Ausdruck verschmolzen.
Ob Nicola auch der Schöpfer des berühmten Grabmals des heiligen
Dominicus in S. Domenico zu Bologna sei, ist vielfach in Frage gestellt
worden. Dass das Werk nicht, wie Vasari angiebt, eine Jugendarbeit
des Meisters sein könne, hat Förster in genauer Untersuchung über-
zeugend dargethan. Dagegen entspricht es so sehr den vollendeten Wierken
Nieoleis, dass wir kein Bedenken tragen, die Reliefs der Vorderseite ihm
zuzuschreiben. Da nun eine unverdächtige alte Nachricht bezeugt, dass
im Jahre 1267 die Gebeine des Heiligen in den von N. Pisano mit seinem
Gehülfen, einem Dominikanerbruder Fra Gugliclrlzo gearbeiteten Sarko-
phag übertragen worden seien, so hindert nichts anzunehmen, dass die
Arbeit im Jahre l266, als der Oontrakt für Siena geschlossen wurde,
vollendet oder ihrer Vollendung nahe war. An der Vorderseite ist in
zwei Reliefs die Erweckung eines vom Pferde gestürzten jugendlichen
Ritters und das Wunder des unverbrennliehen Buches geschildert. Die
Anordnung ist klar, die Erzählung lebendig, ja in der ersteren Seenc von er-
greifender Innigkeit und dramatischer Gewalt. Einige schöne Züge geben
auch hier einen Anklang an die Antike. Die Madonna, welche beide Dar-
stellungen trennt, ist von einfacher Amnuth. Von geringerer Hand sind
dagegen die Reliefs der beiden Schmalseiten und der Rückseite, die den
Tod des Heiligen enthält. In ihnen wird man die Arbeit Fra Guglielmds
anzuerkennen haben.
Von einem andern Werke des Meisters, einem Altare des h. Jacobus
für den D011] zu Pistoja, wissen wir nur aus einer Urkunde des dortigen
_Archivs, laut deren Nicola sich am 10. Juli 1273 verpflichtete, bei
300 Pfund Strafe denselben auszuführen imd mit sechs Bildtafeln zu
schmücken. Am 13. November desselben Jahres muss ein Theil der
S. D01
zu Bn
Altar zu
Pistoja.