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Drittes Buch.
mälern gehen dann früh die profanen Monumente, aus den Taufbecken
die öffentlichen Brunnen hervor. Einzelstatuen werden besonders der
Madonna gewidmet. In diesen Werken folgt die italienische Kunst
weniger dem Zuge seelenvoller Empfindung, als dem Bedürfniss leben-
diger historischer Schilderung. Geistreieh, anschaulich zu erzählen, das
ist ja die Lust und das glänzende Talent südlicher Völker, und man
braucht nur an die Erscheinung eines Boeeaecio zu erinnern, um die frühe
Richtung der italienischen Plastik auf das erzählende Relief zu begreifen.
Da es sich ferner nicht um massenhafte Unternehmungen, sondern um ein-
zelne besondere Praehtarbeiten handelt, so verbindet sich damit das
Streben nach feiner Vollendung der Form. Dieses findet wieder an dem fast
ausschliesslieh zur Anwendung kommenden Material des weissen Marmors
seine Unterstützung. Der Glanz desselben schliesst dann auch die durch-
greifende Anwendung der Farbe aus und lasst nur massige Vergoldung
zu. Alles dringt demnach auf reinste Ausbildung der Form. S0 grenzen
sich für Plastik und Malerei die Gebiete zeitig ab, fiiessen nicht so unauf-
haltsam wie im Norden in einander über, und eben aus dieser bestimmten
Sonderung ergiebt sich die grössere Klarheit, mit welcher beide für sich
ausgeprägt und entwickelt werden. Früher als die Meister des Nordens
wissen die italienischen Künstler jeder von beiden Künsten ihre besondere
Aufgabe zu stellen.
Im 13. Jahrhundert.
Bis gegen 1250 bleibt die italienische Plastiki") jener romanischen
Form überlassen, in welcher vergeblich selbst begabtere Künstler
nach einem höheren Ausdruck von Leben rangen. Der hergebraehte
"Typus tritt vielmehr hier geistloser auf als in den meisten nördlichen
Ländern, und die italienische Bildnerei steht weit hinter der französi-
schen und deutschen zurück. Denn es fehlte hier jene Spannung zwischen
germanischer Empündilng und antikisirendcr Form, aus welcher dort die
glänzende Neugestaltung der Plastik herverging. Selbst im wild Phan-
tastisehen überbietet die italienische Kunst jetzt bisweilen die nordische.
S0 an den Seulpturen der 1206 vollendeten Fagade von S. Maria zu
Tescanella und mehr noch an der des Doms zu Lueea, um 1204x1111
einem Meister Guidetto ausgeführt; am reichsten in fast barbariseher
Pracht in der etwas späteren Vorhalle desselben Domes, wo die Plastik
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a) J. Burcklzardt'.s' Ciccrone (Basel 1855), für die gesznnmte itßlimqigghg K;
das bedeutendste Handbuch, ist auch für diesen AbSßllllitf S0 rßichhaltig, (lass
dies wie manches Andere kaum anders, geschweige denn besser zu geben weiss.