Fünftes Kapitel.
Italienische Bildncrui von
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ausschliesslich realistische Portraitplastik, wie England sie gepflegt hat,
muss iwthwendig zur geistloson Monotonie, zu dürftiger "Privialität ver-
trocknen.
FÜNFTES
KAPITEL.
Italienische
Bildnerei
1200-4400.
Die italienische Kunst geht vom 13. Jahrhundert an ihre eigenen
Wege und löst sich in Zielen, Erfolgen und Schicksalen von der Kunst der
ilördliehen Länder. Wohl erfävhrt sie mehrfach, namentlich im 14. Jahr-
hundert, Einflüsse des Nordens; selbst der gothisehen Strömung vermag
sie nicht ganz zu widerstehen. Aber sie beugt ihr aus und weiss mit ihr
sich geschickt abzntinden. Schon diese merkwürdige Erseheiilung bezeugt,
wie abgeschlossen tmd isolirt die Kunst Italiens auf sieh selbst gestellt
war. Die Alpen haben in dieser Hinsicht sich durchaus als Seheideivand
bewährt. Italiens Mittelalter ist in der That von dem nordischen in jeder
Sonder-
stellung dm
ital. Kunst.
Hinsicht unterschieden.
Wir haben dies lediglich für die künstlerische Entwicklung darzuthun;
aber einige Andeutungen über die allgemeinen Kulturzustande werden
ein schärferes Licht auf die Verhältnisse der Kunst werfen. Wir finden
in Italien nicht jene complicirten Verfassungen, welche in den nordischen
Ländern das Lehnswesen und der Feudalstaat in ihrer consequenten
Durchführung mit sich brachten. Die Zustände sind einfacher, übersieht-
licher, und man fühlt in ihnen die Nachwirkung antiker Anschauungen,
die aus allen Stürmen der Zeiten stets wieder emportauehen. Dafür aber
gliedert sich das Gebiet Italiens ungleich mannigfacher in kleine abgeson-
derte Kreise, als man das selbst von Deutschland sagen kann. Denn dort
scheiden sich wohl die einzelnen Gruppen nach den natürlichen Granzen
der verschiedenen Stämme: in Italien aber bildet jede nicht bloss der be-
dentenderen, sondern selbst der mittleren Städte, noch ganz anders als im
Norden, einen Staat für sich, der sich scharf von den übrigen trennt. Dies
begünstigt dann das Aufkommen einer ganzen Reihe von Usurpatoren,
die mit List und Gewalt die Herrschaft an sich reissen und die Praxis
des Inodernen Despotisnius als rücksichtslose Tlyrannen zuerst in Europa
ausüben. Was gelegentlich von den Königen Frankreichs und Englands
K u l tur-
vcrhältnisse.