Viertes Kapitel.
Nordische Bildneroi
der spiitgothischen Epoche.
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schlafeinleii Krieger, welche in ltelicrfs an den Flachen des (irabmals dar-
gestellt sind, zeigen bei Motiven von Lebendig-laut eine
geringere Ausführung. Ihre 'l'ra,cht weist etwa auf die Mitte des
l 4. Jahrhunderts.
Wal1rei1(l die einseitige liichtung der englischen Architektur eine
freiere Bethätigung der Plastik nur in geringem Maasse zuliess, finden wir
die Vorliebe für glänzende Grabdcnkmätler, die in der vorigen Epoche
schon das Uebergewicht im bildneriscluni Schaffen erlangte, in immer stei-
gendem Zilnelnnenft). Mit den vornehmeren Klassen wetteitert jetzt der
niedere Adel und der Bürgerstand; Jedermann will in leibhaftigem Abbild
auf seinem Grabmale dargestellt sein, in der vollen Wirklichkeit des
Lebens, mit den Abzeichen seines Standes und in peinlicher Genauigkeit
(lcs liostüms. Den vornehmeren Klassen bleibt nichts übrig als durch
reich geschmückte Sarkophage sich über die andern zu erheben lllld etwa
das (tanze (lurch pnachtvwwllc Baldachine zu krüiien. Auch im Material
wird nach mögliehsttar Kostbarkeit gxistrebt. Gravirte Broneeplzitten
werden vom Festlantlti, Ibesontlcrs aus den Niederlanden zahlreich ein-
geführt; noeh lieber stellt man aber die Verstorbenen in plastischer Run-
dung (lau, und fehlt in lünglantl nicht an geschickten Kupferschmietlen
(.„c0ppcrs1nitlis"), welche den Guss solcher grösseren Werke übernehmen.
Bei steinernen Denkmälern wendet man nicht selten Mannor und Alabaster
an; Einaillirungu, (iold und andrer Farbcnsclnnuck muss dann die glan-
zende Wirkung vollenden.
Aber mit (liesei- aussern Pracht halt der künstlerische Werth nicht
mehr gleichen Schritt. Die übergrosse Mehrzahl der massenhaft aus dieser
Epoche erhaltenen Grabgestalten erscheint auffallend steif, leer und geist-
los. Zum Theil ist daran wie auf dem Continent die hässliche Tracht
Schuld, die freilich in England noch rascher entartet und sich noch mehr
ins Bizarre verirrt. Statt der früheren lang wehenden faltenreiehen Ge-
wänder, die nur noch ausnahmsweise, wie an dem Denkmal Aymers von
Valenee (T 1322) in Westminster vorkommen (Fig. 143), erscheinen
jetzt die Ritter in den kurzen Wappenrijckeil, die wie lederne wattirte
Jacken den Körper umspannen und kein Blältchen zulassen. Statt der
geschmeidigen Kettenhemden (ler früheren Zeit tritt der Sehienenpanzer
mit seinen eckigen Bilekeln, den starren Arm- und Beinsehienen in sein
Recht; die Halsberge aber, die von den Schultern ab den oberen 'l'heil-
der "Brust, den ganzen Hals und den Kopf fast vollständig einschliesst,
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I7. Vcrgl. auch Brillon.
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