Zweites Kapitel.
Aegypten.
behaupten, da der grossartige Naturalismus der frühesten Werke in
seiner Frische von den Arbeiten der späteren Epochen nicht erreicht vriril
und vielmehr in einen äusserlichen Sehematismils sich verliert. Selbst
die (lurchgreifendsten geschichtlichen Umwälzungen, wie sie der Einfall
der Hyksos aus Asien mit sich brachte, vermochten den Charakter der
ägyptischen Kunst nicht umzugestalten. Hat man doch unlängst auf der
Stätte des alten T anis vier Löwensphinxe aus der Epoche jener Fremd-
herrschaft gefunden, die (lurehaus den Typus ägyptischer Werke tragen-
Was jene Kunst des alten Reiches von Memphis begonnen hatte,
das zeigt sich in den Denkmälern des neuen Reiches und seiner Haupt-
stadt 'l'heben in verwandtem Sinne aufgenommen und fortgesetzt. Nur
reicher, glänzender, vlelgestaltiger werden jetzt die Werke, und ihre Bilder-
sehrift verherrlicht in erster Linie das Leben und die Thaten der göttlich
verehrten Pharaonen. Jetzt erst entwickelt sich auch der ganze vielgestal-
tige Olymp der ägyptischen Götterwelt zu einer vorher kaum geahnten
Mannichfaltigkeit.
Die Blüthezeit des neuen Reiches umfasst die Epoche vom sechs-
zehnten bis zum Ende des dreizehnten Jahrhunderts vor Christo. Aber
auch die folgende Zeit bis zu den Ptolemäern herab fährt in der Anlage
grossartiger Monumente und in weiterer Aussclnnücktmg der früheren fort;
ja selbst bis in die Zeit römischer Herrschaft bcivahrt die ägyptische
Kunst in zäher Ausdauer, wenn auch mit gewissen Wandlungen des Styls,
ihr streng nationales Gepräge. Die grösste Fülle von Denkmälern ver-
einigt das alte hundertthorige Theben, dessen Hauptgebäude nach den
heutigen Orten Karnak, Luxor, Medinet-Ilabu und Kurna benannt werden.
Aber auch weiter aufwärts bis nach dem oberen Nubien erst-reckt sich in
dieser Zeit die Herrschaft der ägyptischen Kimst. Die Felsentempel von
Ipsambtll, von Girschch, von Wadi Sebua sehlicssen sich in (lrossartig-
keit und Reiehthum den Werken der unteren Lande würdig an.
In allen (liescn Werken, deren Ausdehnung und architektonische
Massenhaftigkeit schon Bewunderung erregen, hat die Bildnerei unermüd-
lich und unersehöpdiell über ein Jahrtausend lang als treue Chronistin
den lnabensgztilg der Pharaonen begleitet und ihr privates und öffentliches
Dasein, ihre Thaten im Frieden und im Kriege, ihr Leben auf der Jagd
und zu Hause in unabsehbaren Bilderreihen mit staunenswverther Geduld
geschildert. Um den Herrscher dreht. sich Alles; seine Gestalt tiberragt
durch colossalen Maassstab alle übrigen Figuren. Er stürmt auf seinem
Kricgswagcn in die Schlacht und wirft das pygmäenhafte Geschlecht
seiner Feinde in buntem Gewimmel zu Boden. Ein andres-Mal sieht man
ihn von seinem Kriegsschide aus eine ganze Flotte feindlicher Fahrzeuge
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