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Viertes Ka
Nordische Bildncrci der spätgothischen Ep
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niglich, in üppiger Lockenfülle erscheint David; Moses mit langem Doppel-
bart grandios und gebictend, ein achter Heerführer des Herrn. Die Sta-
tuen sind alle etwas kurz und gedrungen und gewinnen durch das in
weiten Falten geworfene Gewand noch an Fülle; aber es liegt in ihnen
eine eigene Gewalt und Majestät, die durch die bedeutsame Charakteristik
etwas Zwingendres erhält. Dabei sind die Köpfe im Ganzen grossartig be-
handelt und doch durch die kleinsten Detailzüge naturwahr belebt. Mit
vollendeter Meisterschaft sind namentlich die Hände ohne Ausnahme mit
ihren Adern, Muskeln und feinsten Hautfältchen durchgeführt. Wenn der
phantastische Zug der Zeit den Künstler mehrfach bis in's Genrehafte
geführt hat, wenn Jeremias mit seiner Brille und seinem Häppchen, J esaias
mit Gürtel ru1d Tasche, Zacharias mit Dintenfass, pelzverbrämtem Rock
und hoher Mütze durchaus Portraitfiguren der Zeit sind, so ist dies Ueber-
maass beim siegreichen Durchbruch einer neuen Richtung nicht zu ver-
wundern. Höchst eigenthümlieh drücken die Engelchen, welche mit
ausgebreiteten Flügeln in die grosse obere Hohlkehle hineingestellt sind,
auf die mannigfaltigstc Weise Schmerz und Kummer aus. Der eine wischt
sich die Thränen aus den Augen, der andere kreuzt voll Ergebung die
Hände über der Brust, ein dritter breitet beide Arme wie zur Abwehr
empor, withrend ein vierter in voller Verzweiflung die Hände ringt. Auch
hier sind die Gewänder in lebendigem Flusse fast virtuosenhaft behandelt.
Der Schmerzensausdruclz bezieht sich auf den (lhristus am Kreuz, der
ehemals auf dem Brunnen stand.
Derselbe kühne Styl herrscht in den Bildwerkeii am Portal der
Kapelle. An den Seiten werden Philipp der Kühne und seine Gemalin
knieend von den hinter ihnen stehenden Schutzheiligen der am Mittel-
pfeiler angebrachten Madonna empfohlen. Diese Arbeiten gehören der-
selben Richtung, verrathen aber eine andere Hand. Die Gestalten sind
schlanker, die Gesichtszüge streng und scharf durehgebildet, die Gewänder
schwungvoll. Gegenüber der Portraitwahrheit der Knieenden, die nicht
frei von Befangenheit ist, zeigt die liladonna einen fast heroischen Adel in
Haltung und Ausdruck.
Sodann kommt das Hauptwerk Sluters, das jetzt im Museum auf-
gestellte. Denkmal Philipps des Kiihnen. Ueber einem Sockel und einer
Basis von schwarzem Marmor erhebt sich ein gewaltiger Sarkophag, des-
.sen vier Seiten von eleganten spitzbogigeil Arkaden auf Saulehen ge-
schmückt werden. In weissem ltlarmor ausgeführt, wird diese Architektur
von dem schwarzmarmornen Grunde noch [glänzender hervorgehoben. In
den Arkaden bewegt sich ein Zug von vierzig Leidtragenden einher, Geist-
liche und Hofleute in kleinen Statuetten von weissem Alabaster. An diesen
Portal der
Karthause.
Denkmal
Phi lippS des
Kühnen-