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Drittes Buc]
Satz, wie WOlIl die Meister der vorigen Epoche daran gcthan hatten, die
FOYIIIBH dcs romanischen Styles so lange festzuhalten. Denn seitdem auch
in diesen Werken das gothischc Stylgesetz (lureligedrungen war, wurde
jedes Gefäss und Geräth seiner natürlichen Form entkleidct und als
kleines Bai1w'e1'l{ maskirt. In dem FläßllCnSGlllnUC-li herrschte ebenfalls
die gothische Architektur mit ihren lllaasswerkmusteril so entschieden
vor, dass die freie Plastik nur künnnerlichen Raum für sich behielt.
Kein Wunder daher, dass sie bei dem Mangel an Uebung keine edlere
Ausbildung gewinnen konnte und meistens bei aller Pracht der Ausfüh-
rung und hoher Eleganz des architektonisehen Details die menschlichen
Gestalten nur in stumpfen Formen zu 'l'age bringt. S0 an dem grosscn
Reliquienschrein des h. Patroklus von Soest, durch einen Meister Rigcfrihl
im Jahr 1313 angefertigt, jetzt im hluseum zu Berlin; so auch an dem
prächtigen Sarkophag des h. Ennneran in seiner Kirche zu Regensbu r g,
einem Glanzwerke vom Anfang des 15. Jahrhunderts, geschmückt mit
den getriebenen Gestalten der Evangelisten, Apostel, heiliger Bischöfe,
endlich der Madonna und einer Reliefdarstellung ihrer Krönung. Manches
Andere in Kirehenschiitzen und Museen darf hier übergangen werden.
l'rallkreich
den
Niederlanden.
mnzösim
Plastik.
In Frankreich scheint nach der glänzenden plastischen Thittigkcit
der vorigen Epoche ein Stillstand eingetreten zu sein, der sich zum Theil
aus der Veiwvirrung des Reiches durch die Kriege mit England erklären
lasst. Denn wenn auch nicht alle künstlerische Thiitigläeit anfhörte;
wenn auch Paris, schon damals eine Weltstadt und weithin cinflussreieh,
namentlich in der hliniaturnialerei noch immer den ersten Rang behaup-
tete, so litten doch die nmfassendern- Unternehmungen der Baukunst und
der mit ihr verbundenen Bildnerei immerhin unter den Wirren der Zeit.
Aber nicht minder muss man in Anschlag bringen, dass nach dem fast
tinglaublieheil Baueifei- der vorigen Epoche, der so ziemlich alle Kathedra-
len und grösseren Kirchen des Landes umgestaltet hatte, ein natürlicher
Stillstand eintrat. Denn es fehlte nicht bloss an neuen Aufgaben, sondern
die künstlerische Kraft der Nation hatte sich für einige Zeit wirklich
erschöpft, und die Epigonen der vergangenen grossen Epoche mochten
fühlen, dass sie sich mit den Leistungen jener Zeit einer jugendlichen
Begeisterung nicht messen konnten. Indess schloss hier so wenig wie
anderwärts die frühere 'I'hätigkeit genau mit dem Beginn des Jahrhun-
dcrts ab; vielmehr zog sich die Yhllendung des bildnerischen Schmuckes