Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

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Drittes Buch 
Idealtiguren der Zeit eigen ist. In dem sehr hageren Kopfe, der sich in 
guter Bewegung frei verneigt, ringt das Streben nach Portraitwahrheit 
noch mühsam mit dem herkömmlichen Typus. Mit dem Beginn des 
15. Jahrhunderts scheint die Plastik in Bamberg fast noch tiefer zu sin- 
ken, wenigstens ist die Statue Bischof Alberts, Grafen von Wertheim, 
(T 1421), noch viel manierirter, in geziertester Weise ganz (lurchgebogen, 
wie wenn die Gestalt eingekniekt wäre, und dazu zeugt der übertrieben 
reiche Faltenwurf von einem mühsamen Naturstiuliuln. Nur das Gesicht 
mit den weichen Formen ist nicht ohne individuellen Ausdruck. Etwas 
später giebt sich der volle Bankerot der Plastik in dem ganz rohen und 
platten Grabstein Bischof Antons von Rotenhahn (T 1459) zu erkennen. 
Hier ist der alte ideale Styl gänzlich verloren, aber kein neuer dafür ge- 
funden. Um so merkwürdiger sticht von diesen geringen Arbeiten eine 
fast lebensgrosse Statue der Kaiserin Kuniguntle ab, dem Anseheine nach 
vom Anfange des funfzelmten Jahrhunderts, ein trelfliehes Werk, dessen 
schwungvolle breit behandelte Gewandung durch völlige Fiirbung noch 
wirksamer hervorgehoben wird. Der Kopf ist von freundlichem, aber zu 
allgemeinem Ausdruck. 
Wichtiger und ausgiebiger ist die Reihe der Bischofsgräiber im Dome 
zu YVürzburg. Hatte dort das 13. Jahrhundert nur schwache Arbeiten 
hervorgebracht (vergl. S. 305,), indess in Bamberg so (llanmntleg geleistet 
wurde, so wendet sich nun das Blatt, und Wlürzburg bringt eine Reihe 
tüchtigerDenkmale hervor. Den Beginn maeht der Grabstein des Bischofs 
Manegoltl von Neuberg (T 1302). Während die Gewandnng im besten 
Style der Zeit (lurcligefiihrt ist, macht der Kopf mit den laräftigen Zügen 
und dem Doppelkinn einen durchaus portraitartigeii Eindruck. Als Zeichen 
der Landeshoheit hält der Fürstbischof mit der Rechten den Clrifi" des 
Schwertes, das ruhig an der Seite lehnt. Demselben Styl begegnen wir an 
dem Grabstein Bischof Otto's von Wolfskehl (T 1345), nur dass hier die 
conventionellen Züge in der etwas befangenen Haltung, den knapp gezeich- 
neten Schultern, der stark herausgebogenen linken Hüfte auffallender 
hervortreten. Das Gewand ist mit tief ausgearbeitetem Faltenwurf effekt- 
voll (lurehglaführt, der jugendliche Kopf scharf geschnitten und etwas hart 
durch das Streben nach Portraitwahrheit. Während diese in einzelnen 
Formen, z. B. den breiten Kinnlatlcn, merklich hervortritt, ist das Natur- 
gefühl des Künstlers für feinere Details, wie die noch schief geschützten 
Augen, nicht genug entwickelt. Noch übertriebener wird die Haltung an 
dem Grabstein des Bischofs Albert von llohenlohe (T 1372  Ilier wirft 
sich die Gestalt wie verrenkt ganz in die linke Hüfte, wobei die übrige 
Haltung doch befangen bleibt und selbst im Faltenwurf ein feineres Styl-
	        
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