Viertes Kap
Nordische Bildnerei der spätgothischon Epoche.
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des Kopfes giebt mit Glück etwas Individuelles wieder, die Haltung des
Körpers ist freier als gewöhnlich, doch in den Armen nicht ohne die her-
kömmliche Steifheit. Wie wenig man sich aber damals an diese ltläingel
der Haltung stiess, erkennt man aus dem Umstande, dass der Künstler
dem Herzoge zwar einen langen Mantel verliehen, denselben jedoch über
die Schultern zurückgeschlagcn hat, um ja nichts von der Gestalt zu
verlieren.
Mangelte diesen ritterlichen Denkmälern wegen der Unschönheit der
'l'racht, auf welche gleichwohl der erwachte naturalistisehe Sinn nicht
verzichten mochte, Vieles zu einer edleren Darstellung der Gestalt, und
konnte bei den Frauenbildern wegen der Feinheit der Gesichtszüge und
wohl auch wegen der Idealität, in welcher das weibliche Geschlecht er-
schien, die individuelle Auffassung sich nur langsam Bahn brechen, so
boten (lagegen die bischöflichen Denkmäler die schönste Veranlassung,
portraitvxrahre. Charakteristik mit den Anforderungen eines würdevollen
monumentalen Stylcs zu verbinden. In den Köpfen dieser doch meistens
bejahrtercn Kircheufiirsten prägten sich die Erfahrungen eines bewegten
Lebens, wie die (lamaligen Zeiten mit ihren bestätntligen Unruhen und
Fehden es mit sich brachten, oft zum Ausdruck geistiger Ueberlcgenhcit,
politischer Klugheit, gemischt mit kriegerischerTapferkeit aus, und zeig-
ten dem nach "gidividueller Darstellung begicrigen Künstler ein dankbares
Feld. Die 'I'racht aber, das lang herabfztllendc Kleid mit der (larüber-
geworfenen weiten glockenförmigen Casel, die, auf beiden Seiten mit den
Armen aufgenommen, in ihren grossen Wellenlinien die prächtigsten Mo-
tive für eine stylvolle Gewandbehztndltmg bot, gab den Eindruck ltirch-
licher Würde, ernster Feierlichkeit. Wenn man die Reihe der noch jetzt
erhaltenen Denkmäler in den deutschen Domen verfolgt, so erhält 1mm
einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der deutschen Plastik.
Beginnen wir mit den Denkmalern des Domes zu Bamberg, wo wir
schon seit den vorigen Epochen eine bedeutende kirchliche Bildnerei fan-
den. Die bischöflichen Grabsteine des 13. Jahrhunderts waren einfach
typischer Art, obwohl auch an ihnen schon ein Streben nzich lebendigerer
Auffassung sich nachweisen liess (Vgl. S. 371). Merkwürdig ist nun, dass
der Dom für diese Epoche eine geringe Ausbeute gewahrt, als habe alle
künstlerische Thatigkeit hier, nach Vollendung jener grossartigen früheren
Arbeiten, über ein Jahrhundert gcschhnnmert. Vielleicht aber ist Manches
untergegangen; wenigstens muss es auffallend erscheinen, dass man aus
dem ganzen 14. Jahrhundert nur ein Denkmal nachweisen kann. Dem
Bischof lilriedrieh von llohenlohc (T 1352) gewidmet, zeigt es eine über-
trieben lange Gestalt von jener geschwungenen Körperhaltung, die den
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