Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

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Drittes Buch. 
unten die Anbetung der Könige, etwas eonventionell und gespreizt, aber in 
den Gewändern trefflich beiwegt. Das südliche Sehiffportal endlich 
ist der Verherrlichung der Medonna gewidmet. Es zeigt im Tympanon 
den Tod der Nlarin; die Köpfe wohl etwas ausdruekslos, aber die Ge- 
wänder wieder ganz edel, voll Feinheit und Manniehfaltigkeit. Darüber 
die Krönung der Jungfrau, eine schöne Composition, die in wenig 
Figuren die Scene lebendig verführt. Anniuthig neigt sich Maria dem 
würdevoll thronenden Christus entgegen, und zwei Engelchen streben, 
von Freude ergriffen, mit den grossen Kerzen in den Iländen lebhaft 
vorwärts. 
Iigos 
"nh. 
Gedenken wir endlich noch der prächtig humoristischen Wasserspeier 
an den Kapellen des Chorumganges, die voll sprudelnder Laune allerlei 
'I"hiere, Ungethüme und fratzenhafte lileilsehengestalten vorstellen, so ist 
damit die reiche plastische Ausstattung des Aeusseren erschöpft, die nach 
Plan und Ausführung zum Vollstandigsten und Besten gehört, was diese 
Epoche in Deutschland hervorgebracht hat. Und doch ist im Innern der 
Kirche noch ein ganz vorzügliches Werk zu nennen, das mit der Vollen- 
dung des Chores gleichzeitig eiltstanden sein wird. Es ist das Grab 
Christi in der mittleren Kapelle des Ohorumgangs, eine gediegene Stein- 
arbeit von neun beinahe lebensgrossen Figuren. Der Leichnam Christi 
liegt ausgestreckt in der offncn Tumba, die Hände gekreuzt, der Körper 
vom Bahrtueh in grossen Balten umhüllt, die ilaekten Füsse mit naturali- 
stisehem Verstandniss (letaillirt. Der Kopf hat etwas schwere, aus- 
druekslose Formen, den gleichzeitigen Nürnberger Christusgestalten ver- 
wandt. Die schlafenden Wächter umgeben in naiv-charakteristischen 
Stellungen hockend das Grab. Die Körper nnd ihre Bewegungen, durch 
die Kettenpanzer nicht gehemmt, sind mit Verstandniss behandelt, aber 
mehr leicht andeutend als fein ausgeführt. Der Eine ist in tiefen Schlaf 
versunken, der Kopf ganz auf die Brust geneigt und gegen die Knie vor- 
gebeugt, wo die zusammengelegten Ilailtle auch ihrerseits einen Ruhepunkt 
gefunden haben. Der zweite stützt den Ellenbogen auf das Knie und den 
Kopf in die Hand, der dritte lehnt zwischen Wachen und Schlafen in fein 
empfundener Bewegung den Kopf an seine Armbrust. Dies Alles ist voll 
Naturwahrheit, aber mit Weiser Oekonomie vom Künstler nur skizzirt be- 
handelt w0r(len. Denn die ganze Feinheit der Ausführung, deren er fahig 
war, sparte er für (liejenigen Gestalten auf, in welchen sich die geistige 
Bedeutung derSeene spiegeln musste. Hinter dem Grabe steht die Gruppe 
der Leidtragenden: die beiden Marien im tiefen ilfatroncnsehleier und die 
langloekige Magdalena, von zwei Engeln als himmlischen Trauerzeilgen 
begleitet. Hier sind Adel und Schönheit in hohem Grade verbunden, be-
	        
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