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Drittes
etwas gespreizt neben einander stehen. Am sehwätehsten aber ist er in
der Behandlung des Gewandes, namentlich bei den stehenden Figuren;
denn da bei ihrer steifen Haltung kein bewegter Wurf des Gewandes
motivirt wird, und da er sichtlich die conventionclle Draperie verschmäht,
so entsteht ein eharaktcrloscs, zuweilen bis in's Sehlotterige gehendes
Spiel mit mühsam erkünstelteil Ifalten, wobei selbst auf den verbrauchten
Kunstgriff zurückgegangen wird, den Mantel von der einen Seite zur an-
deren herüber zu ziehen und unter dem Arme fest zu halten.
An (liese Werke sehlicsst sich die nicht minder reiche Ausstattung;
des Innern der Vorhalle. Im Bogenfelde des Portals ist die Geburt
Christi, die Anbetung der Könige und die Beschneidung, an den Pfeilern
und in den Archivolten eine Menge von Statuen und Statuetten, .wie es
scheint Patriarehcn und Heilige, dargestellt, Werke von geringerem Ver-
dienst; ausscrdcm schlecht zu_ erkennen und mit dickem Anstrich ver-
dorben. Endlich sind sogar an den Gewölbrippen musicirende und anbe-
tende Engel angebracht, gleichsam ideale Träger der Glorie der Madonnzt,
welche im Schlussstein in ihrer Krönung gipfelt. So ist das Ganze ein
prächtiger in Stein gehauener Hymnus auf die Jungfrau, bei dem die ge-
müthliche Innigkcit und das poetisch Sinnvolle der Anordnung für den
fehlenden tieferen Gedankengehalt oder höheren Adel der Auffassung
entschädigen muss.
Welchen Aufschwung nun die Nürnberger Plastik nahm, erkennt
man noch jetzt an der Ueberfülle bildnerischer Werke, mit denen nicht
blos das Aeussere und Innere der Kirchen, sondern auch Profangcbaude
aller Art geselnnüelxt wurden. illerkwürtlig ist (labei die Verschiedenheit
der Ritehtnngen, die sich theils aus der grossen Anzahl der vorhandenen
Künstler, theils aus manniehfatrlmr Einwirkung älterer Werke, vielleicht
auch des benachbarten Bamberg erklären wird. So finden wir bald nach
der Mitte des Jahrhunderts an S. Sebald eine neue Bereicherung durch
den Anbau des Chores (1361-1377) und die Ausschmückrnlg der nörd-
lichen sogenannten Brautpforte, die in das alte Querschiff führt. Sie
enthält in Wandnisehen und auf Konsolen die Statuen der thörichtcirund
klugen Jungfrauen, schwach im Ausdruck, namentlich in der Bezeich-
nung; der Trauer, die ganz monoton durch Neigung des Hauptes aus-
gesprochen wird, noeh sclnvächer, ja geradezu pupperlllilft ill der Stereo-
typie der ilngenügend skizzirten Köpfchen. Dagegen besitzt der Meister
Vortheile, welche die ältere Kunst in anmuthiger, reich be-
wegter Gewandbehandhmg darbot, und weiss dieselbe an den schlanken
eingebogeilen Gestalten in edlem Fluss, wenn auch nicht ohne Monotonie
zur Geltung zu bringen. Er huldigt darin so sehr der früheren Weise, dass