Drittes Kapitel.
Nordisphe Bih
lnerei der frühgothischen Epoche.
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andere Grabdenkniälei- in Westminster an Schönheit jenen nahe. S0 das
Grab einer Gräfin Eveline von Lancaster (T 1269) und das ihres Gelnals
Edmund (T 1296), zweiten Sohnes Heinrichs 111.; endlich (las Monument
des Halbbmders desselben Königs, William von Valence (T _l 296), eben-
falls in Brouce ausgeführt, aber in seinen emaillirten und vergoldeten
Details auf französische Künstlerhand hinvsreisend.
Die kirchliche Plastik kommt in England nicht zu so grossartiger
Entfaltung, wie in Frankreich. Die Anlage der Facaden entbehrt meistens
jener umfangreichen Portalbauten, in deren Ausschmückting dort die Bild-
nerei das glänzendstc Feld der Thätigkeit fand. Nur ausnahmsweise tref-
fen wir daher in England Facaden mit reicherem plastischen Schmuck.
Dagegen sucht und findet der lebhaft erwachte bildnerische Trieb im
Innern der Gebäude manch bescheidenes Plätzchen, das er mit zier-
lichen Reliefs zu bedecken weiss. In anmuthigster Fülle sieht man solchen
Schmuck an den Bogenzwickeln der Arkaden in Kirchen und Kapitelhau-
sern, sowie an den Konsolen und Schlusssteinen der Gewölbe. In solchen
Werken waltet die Richtung auf,s Zierliche, Graziöse vor und verbindet
sich oft mit scharfer Lcbensbeobachtimg und sprudelndcm Humor. Das
früheste Denkmal der kirchlichen Plastik in England, zugleich das gross-
artigste und umfangreichste sind die Sculpturen der noch vor 1250 voll-
endeten Facade der Kathedrale von Wellst). Hier findet sich in offen-
barer Nachwirkung der französiehen Plastik eine ausführliche Darstellung
der Erlösungsgescliichte über die einzelnen Theile der grossen Facade
ausgebreitet. In vielen horizontalen Reihen sind gegen sechshundert
Figuren in Reliefs oder Statuen angebracht- Sie beginnen mit den Stand-
bildern der Patriarchen und Propheten, geben im Tympanon des Portals
die Madonna mit dem Kinde von Engeln verehrt; sodann folgen Relief-
scenen der Geschichten des alten und neuen Testamentes, weiter oberwalrts
viele Kolossalstatuen von Bischöfen und anderen Geistlichen, sowie von
Königen, Rittern und Damen, wahrscheinlich die früheiren IIerrschei' des
Landes; endlich krönt das Ganze eine aus vereinzelten Figuren sich
zusammensetzcnde Darstellung des Weltgerichts. Der Styl dieser Arbeiten
zeigt einen Uebergang von der gebundenen, aber doch grossartig behan-
delten romanischen Form zu den einfacheren, Hiissigeren Linien der neuen
Epoche. Namentlich sind die Kolossalstatuen der Könige und Königinnen
feierliche Gestalten, in den Gewändern noch vielfach mit conventionellen
Kirchliche
Plastik
Knihedrak
von
Wells.
H) Gockel-all, Iconogr. of the West front of Wells Cathedral. Oxf. 1851. Ver.gl.
Carler, a. a. O. Taf. 86 B". u. Flaxnzann, lectures on sculpture. London 1829.
Taf. 2. 3. 4.