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Drittes Buch
beider sind fein gebildet, voll lieblieher Unschuld, Adam (lurcli Andeutung
des Barttlaums (rharakterisirt. Der schöne Kopf der Kaiserin zeigt ein
huldvolles Lächeln, der des Kaisers ist keineswegs ideal, sondern mit
entsehiedenem Streben nach individuellem Gepräge, Petrus endlich ebenso
kühn und energievoll wie Stephanus demüthig. S0 haben diese Statuen
alle Vorzüge ohne die Mängel des neuen Styles. Der-selben Hand Inöchte
ich auch die Statuen der Kirche und der Synagoge zuschreiben, welche
zu beiden Seiten der goldenen Pforte am nördlichen Seitensehitf (vergl.
S. 360) hinzugefügt wurden. Von ähnlicher Schlankheit, von ebenso edler-
Schönheit zeigen sie dieselbe feine Charakteristik und nur in der Be-
handlung noch weicheren Fluss, vollere Rundung. Die Kirche, deren Kopf
in hoher, fast strenger Schönheit die Krone tragt, ist über dem langen
Gewande in einen Mantel gehüllt, der in weitem NVurf von der linken
Hüfte nach dem rechten etwas vertretenden Knie herabfallt. Die Syna-
goge dagegen, deren edles Haupt eine Binde verschleiert, ist in einfacheres
Gewand gekleidet, das in tiefen grossen Falten herabtliesst. Unter der
Binde erkennt man deutlich die Form der Augen. In der Rechten hält
sie den zerbrochenen Stab, die Linke lasst wie kraftlos die Gesetztafeln
herabfallen. Die Feinheit der Ausführung ist hier so hoch getrieben, dass
selbst die kleinen Faltchen der engen Aermel unter den Achseln auf's
Zierliehste ausgedrückt sind. Nicht minder vorzüglich ist ein angestrengt
zum Gericht blasender Engel und eine sitzende Gestalt Abrahams, der die
lächelnden Figürehen der Seligeu in seinem Sehoosse halt; beide Werke
allerdings unpassend und unsymmetrisch über dem Hanptgesimse ange-
bracht. Offenbar wusste der Künstler mit diesem Uebersehuss seiner Com-
Statue!
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position keinen andern Ausweg und mochte die Gestalten doch nicht ent-
behren, da das Tympanon ohnehin schon in gedriingtester Anordnung eine
Darstellung des jüngsten Gerichtes erhielt. Sie ist ein kleines Meisterstüek
von Raumbenutzilng, denn in der Mitte entfaltet sieh gross und feierlich
die Gestalt Christi, von Engeln umgeben. Zu den Füssen des Thrones
haben sich Maria und Johannes zu innigcr'Fiirbitte hingeworfen. In dem
kleinen Raume. zwischen ihnen erblickt man mehrere, gut bewegte Figuren
Auferstehender. Der übrige Raum ist geschickt ausgefüllt mit einer Gruppe
Seliger, welche von Engeln empfangen werden, und einer Schaar Ver-
dammter aus allen Standen, die ein Teufel grinsend zur IIölle schleppt.
Hier ist der Ausdruck der Empfindungen die Klippe, an Welcher der
Künstler scheitert, denn Selige wie Verdammte zeigen dasselbe stereotype
Lächeln.
Endlich gehört derselben Zeit eine Reihe vorzüglicher Statuen, im
Innern an der nördlichen Scheidewand des (lstchers auf Konsolen ange-