Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

Drittes Kapitol. 
Nordische Bildncrci der frühgotlmischcn Epoche. 
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obern Wand die Verkündigung, im (älicbelfralde der Gekreuzigte nebst 
Maria und Johannes angebracht. In allen diesen Werken waltet noch 
eine Befangenheit, welche die lülemente des neuen Styles sichtlich als 
fremde, ungewohnte handhabt. Die Figuren sind meist unbelebt, nur die 
beiden weiblichen Gestalten der Kirche und Synagoge zeigen bewegterc 
Haltung. In ithnlichei- Bcfangenheit tritt derselbe Styl an der Kirche zu 
Tholey in den Seulpturen des nördlichen Portals auf. Es enthält an den 
Arehivolten die klugen und thöriehten Jungfrauen, im Bogenfelde die 
Auferstehung Christi. Von verwandter Art sind die Sculpturen am Süd- 
portal der Stiftskirche zu Wetzlar, besonders in der Mitte die Statue der 
Madonna mit dem Kindc, sodann unter Baldachinen vier Heiligengestalten, 
oben im Giebelfelde der thronende Christus, und zu beiden Seiten wieder 
vereinzelt Maria und Johannes in fürbittender Geber-de, also eine abge- 
kürzto Darstellung des Weltgeriehts.  
Kurze Zeit darauf, etwa gegen 1250, erscheint der neue Styl in 
reifer Schönheit an den Sculpturen, mit welchen um diese Zeit die pla- 
stische Ausstattung des Doms zu Bamberg vollendet wurde. Zunächst 
sind es die sechs fast lebensgrossen Statuen, welche dem südlichent) Por- 
tal der Ostseite nachträglich hinzugefügt wurden. Auf Konsolen, meistens 
von angesetzten Laubbüscheln und unter Baldachiilen, welche siinnntlich 
recht unorganisch in die Gliederung des Portals eingreifen, sind einerseits 
Adam und Eva und ein männlicher Heiliger mit (lichtem krausem Bart und 
Haupthaar, wahrscheinlich Petrus, in der Linken ein (halb abgebrochenes) 
Kreuz haltend, dargestellt. Gegenüber sieht man die Stifter des Domes, 
Kaiser Heinrich I1. mit Krone, Scepter und Reiehsapfel und seine Ge- 
mahlin Kunigltnde mit dem Modell des Domes in der Rechten, während die 
Linke in belebter Geberde bewegt ist, daneben ein demüthig geneigter 
jugendlicher Heiliger, in der Hand einen zerstörten Gegenstand, vielleicht 
einen Stein haltend, also Stephanus. Die Gewandfiguren sind voll Adel, 
die Gestalt der Kaiserin wahrhaft vornehm im gürtellosen, herrlich herab- 
wallenden Gewande, Stephanus im schlichten Diakonengewvand, der Kaiser 
und der Apostel in reicherem Faltenwnrf des frei angeordnetenhtantels, 
aber auch diese mit Feinheit ganz verschieden charakterisirt. Adam und 
Eva zeugen von einem merkwürdigen Wferstandniss der nackten Gestalten, 
die allerdings etwas scharf und mager, bei Adam z. B. mit Andeutung der 
Rippen, aber in schlanken Verhältnissen (lurehgeführt sind. Die Köpfe 
WVetzlav. 
Bamberg. 
Südliches 
Ostportal  
i) Nicht; (leln nördlichen, wie Äliglzarl, a. a. O. S. 257 sagt, indem er das 
nördl. und siidl. Portal so vermischt, als 0b er beide selber nie gesehen hätte. 
Treffliche Abb. bei lxüzglrer, K1. Sehr. I. S. "155- 157-, anspruchsvollere bei Fiirß-ter, 
Denkm.
	        
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