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Drittes iäuch
Sculpturcn
NVcßyfalex
Vorhalle zu
ßlüuster.
Apostel auf den Schultern tragen, ausgeführt. Auch hier herrscht noch
dieselbe conventionclle Zierliehkeit und Schärfe der antikisirendcn Ge-
wandung, aber die Bewegungen sind etwas freier entwickelt, die Gestalten
klarer markirt in festcrem Schreiten, die ganze Behandlung ist etwas
flüssiger, während doch dieselbe Grundlage und eine verwandte scharfe
Charakteristik der Köpfe festgehalten wird. Bemerkenswerth ist bei
dieser wie bei den besten der übrigen Arbeiten (lersclben Zeit die be-
fangene vorwärts geneigte IIMiHUg des Oberkörpers, ein Zeugniss von
architektonischer Gebundenheit. Die Arbeiten sind etwas jünger als die
Reliefs der Chorschranken, aber sie stehen denselben noch sehr nahe.
Der Umstand, dass sie den alten Styl nicht mehr in voller Schärfe aus-
prägcn und doch den neuen edleren noch nicht gewommen haben, ist der
Bcurtheilung dieser nicht zu unterschätzenden Werke tingünstig gewesen.
Dieselbe etwas freicre Entwickelung und {iüssigere Behandlung erkenne
ich endlich an den Reliefs im Bogenfelde des nördlichen Portals der Ost-
seite. Man sieht die thronende Madonna, von Engeln umringt und von
Heiligen, die in Bmst-bildem dargestellt sind, vcrchrtt). Diese Werke
bilden, auf der Gränze der Epoche stehend, einen Uebergang' zu dem
milderen Style des folgenden Zeitabschnittes.
Weitere Beispiele von spittem Beharren bei romanischen Formen
bieten sodann zwei ebenfalls bedeutende Werke von Westfalen, einer
Provinz, die sich durch Festhalten an der Tradition immer ausgezeichnet
hatte. Das eine sind die Statuen in der Vorhalle des südlichen Haupt-
portals am Dom zu llliinstertt): (lreizehn grossartige Gestalten, noch in
streng antikisirender WVeisc mit reich und mannichfach durchgebildetcn
Gewändern ausgeführt. Die Köpfe sind charakteristisch entwickelt, aber
die Figuren selbst kommen über eine gewisse conventionelle Auffassung
nicht hinaus, die von den Ergebnissen des neuen Styles sich noch gar
nicht berührt fühlt. Neben neun Aposteln sieht man die Heiligen Ilauren-
tius und Magdalena, einen Kaiser und den Bischof Theodorich, der 1225
den Grundstein zum Neubau gelegt hatte, aber die Vollendung desselben
(1261) nicht mehr erleben sollte. So spät dies Datum Angesichts des
strengen Styls der Bildwerke erscheinen mag, so wird es doch wohl unge-
i) Sigharl, a. a. O. S. 257 H". giebt eine Beschreibung der Bamberger Sculp.
turen, die nicht allein von Unriehtigkeiten wimmelt, sondern auch keine Spur von
einer Entwicklungsgeschichte (lerselben enthält. Und doch hatte K-uglor in seinen
K1. Schriften I. 154 ff. schon alles Wesentliche in kurzen treffenden Bemerkungen
angedeutet!
i") Vergl. meine Geschichte der mittelalt. Kunst in Vllcstfltlcil S. 132 fg. Ab-
bildung zweier Apostel in E. Försteräv I) enkm.