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Drittes Buch.
Schöngrn-
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ÄVien
Breslau
widcrstrebend, bildet jede lokale Gruppe, wie in der Architektur so in
der Plastik, ihre früheren Tendenzen fort und widersetzt sich lange dem
neuen französischen Styl. Aber das Beispiel reicher bildncrischer Aus-
schmückung, welches man von dort empfing, blieb gleichwohl nicht unbe-
achtet. Die oben erwähnten Sculpturen an der Schottenkirche zu Regens-
burg (S. 302) und jene der Galluspforte am Münster zu Basel zeigen
wie wenig die knappen bescheidenen Formen des romanischen Styles bis
dahin geeignet waren, einer reicheren bildnerisclicn Ausstattung den festen
lliahmcn zu bieten. In ähnlicher Weise übcrtluthet noch in den ersten
Decennien des dreizehnten Jahrhunderts eine ebenso formlose als wilde
Phantastik die Aussenwäntle der Ohornische an dcr Kirche zu Schön-
grabern in Niederösterreich, die wahrscheinlich erst zwischen l 210 und
1230 ausgeführt wurdet). An der um dieselbe Zeit erbauten Facadc von
S. Stephan zu Wien tritt derselbe regellose Sinn abermals auf, aber schon
das herrliche Hauptportal zeigt eine maassvollere Behandlung, entfaltet
seine Glieder in glänzender Dekoration und beschränkt die phantastischen
Zusätze auf das durchlaufende Kämpfergesims der Pfeiler. Das Bogenfeld
enthält (lagegcn noch ganz im herkömmlichen streng romanischen Style
den thronenden Christus in einem von zwei Engeln gehaltenen Medaillen.
Von verwandter Art ist das Prachtportal an der Südseite dcrMagdalenen-
kirche zu Breslau, ehemals an der Kirche des abgebrochenen Vincenz-
klosters llßflndlltill. Hier wird die überreiche Ornamentik nicht allein mit
einer Fülle barocker phantastischer Gebilde durchzogen, sondern an den
Kapitalen und Archivolten mit geschichtlichen Darstellungen in derbsten
Reliefs bedeckt. Neben fabelhaften Ungethümen erblickt man an den
Küpitälen dcr beiden aussersten Säulen zweimal Adam und Eva unter dem
Baume mit der Schlange. An der innersten Archivolte dagegen sind in
sieben Feldern die Hauptscenen des Lebens Christi von der Geburt bis
zur Sendung des heiligen Geistes angeordnet. Alles Figürliche erscheint
geradezu barbarisch, während der Styl der Ornamentik doch schon auf
das erste Viertel des dreizehnten Jahrhunderts deutet.
Portal von
Tischnowitz.
Indess hörten die deutschen Meister ilicht auf, weitere Versuche mit
dem romanischen Styl zu machen, und so gelang es denn in mehreren
Fällen, die selnvelgezrisclle Ornamentil; desselben zu retten, sie aber von
phantastischen Elementen mehr zu litutern und eine selbständig entwickelte
Plastik damit zu Krerbinrlen. Ein bedeutendes Werk dieser Art bildet das
Portal der Klosterkirche zu Tisehnowitz in illiihreii, jedenfalls erst nach
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publicirt von G.
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