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ittus Buch.
tion der Architekten manche verwiekelterc Anordnung hervorgegangen
sei, und dass letztere die Plastik vielfach zu (JoncessiQnen zwang und
ungünstige Stellungen sowie. eine Verkrüppelung des MRJISSSTRlNIS für die
Reliefplastil: zur Folge hatte! Aber das ge,wani1 keinen Einfluss auf die
Hauptsache, das verdiuikelte nicht die wesentlichen grossen Grundzüge
des Inhalts, das gab sogar durch die Berufung auf tieferes Nachdenken
und genaueres Betrachten dem Werke ein neues spannendes Interesse.
Darin aber vor Allem lag wieder eine grosse Verwaiultscliaft mit der
Antike, dass die Ausschmützkung einer Kirche des (lreizehnten Jahr-
hunderts dem Bildhauer eine eben so grossc llianniehfaltigkeit der Auf-
gaben stellte, wie vormals die Ausstattung eines griechischen 'l'e1npels.
Jede Gattung der Sculptur fand ihre Anwendung: die Kolossalstatue,
einzeln und zu freien Gruppen verbunden; zierliche Statuetten, bald
sitzend bald stehend angebracht, auf Konsolen und in Archivolten; das
grossraumige Hochrelief und das zarteste Flachrelief, und selbst diese
wieder in der verschiedensten architektonischen Umralnuung, an den
Seiten der Pfeiler, in friesartigcn Streifen oder im spitzen Bogenfelxl.
Dieser ganze Reichthum der Abstufung bot erst der Plastik das Mittel,
sich in vielseitigster Weise zur Freiheit zu entfalten.
gfäfsäfggt Nur aus dieser Gleichartigkeit des Strebens, der idealen Aufgaben
xililttigfff" und der architektonischen Anforderungen, nicht aber, wie man wohl ge-
. glaubt hat, aus Nachahmungen antiker Vorbilder, ging die Verwandt-
schaft hervor, in welcher die edelsten Werke des dreizehnten Jahrhunderts
sichtliteh mit denen der griechischen Blüthezcit stehen. Wo hatte man
auch die Muster entlehnen sollen? Steht doch die römische Plastik in
den überfüllten Reliefs ihrer Sarkophage und der studirt feinen Gewand-
behaiidlnng ihrer Statuen weit ab von der Einfachheit und plastischen
Klarheit des (lreizchntcn Jahrhuntlertsl iVohl erkennen wir bisweilen in
der Welt von Statuen, welche die Kathedralen jener Zeit bedecken, ver-
einzelte Werke, welche auf direkten Studien nach römischen "Pogafigairen
beruhen; allein würden in der Menge verschwinden, wenn sie nicht
einen so fiihlbztren Contrast mit der Mehrzahl der übrigen Werke. bildeten.
Dagegen ist der feine Reliefstyl des (lreizehnten JaJn-hnnderts, der nur
zwei Reihen von Gestalten hintereinander duldet und jede Figur sich in
voller Klarheit (larstellen lässt, gleich dem grieehisclurli aus richtigem
kiinstlerischeil (iefühl und aus der strengen Beziehung zur Architektur
hervorgegangen. Was die Statuen betrifft, so ist der wesentliche Unter-
schied der, dass dic griechischen Plastiker, vor Allem auf Darstellung der
menschlichen Schönheit bedacht, die organischen Gesetze der (iestalten
bis in's Tiefste ergründen, und dass selbst die Gewänder bei ihnen nur