Drittes Kapitel
Nordische Bildnerci
der friihgOthisu]
1eu Epoche.
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Baldachinen sechs königliche Gestalten angeordnet, die einen ungleich
cntxtickclteren Styl voll Adel und Schönheit zeigen. Das linke Seiten-
portal enthalt wieder acht grosse (icstalten, darunter zwei ritterliche.
Am 'l'_yn1panon über einem ausführlichen Relieffrics die stehende Gestalt
Christi von zwei knienden Engeln verehrt. An den Anssenpfeilern wieder
eine hlengc kleiner Reliefdztrstellnngcen thistorischcr und legendarischer
Art; an der Ausscnseite auch hier sechs königliche Gestalten, (larunter
David mit der Harfe.
Während also die ganze südliche Halle cln-istliclt historischen Inhalts
ist und in dem jüngsten Gerichte gipfelt, enthält die nördliche als
itlittelpunkt das Leben der Maria, welchem eine Schilderung der vorehrist-
liehen Zeit von der Schöpfungsgeschichte bis zur Vertreibung aus dem
Paradiese, dann ein Ueberblick über das gesammte Naturleben veraufgeht.
Dazu gehört nach der Auffassung des Mittelalters die Darstellung der M0-
nate mit den sie begleitenden Arbeiten, dic 'l'hä.tigkeiten der Wissenschaf-
ten, Künste und Handwerke, endlich eine grosse Anzahl von Tugenden,
oder vielmehr von geistigen und sittlichen Eigenschaften. Der Styl der
Gestalten zeigt hier eine viel auffallendere Verschiedenheit als an der
Stidhalle. Einige sind schlaff, handwerksmassig mit phnnpen Köpfen,
schweren stumpfen Gesichtern; andere, so namentlich die Itladonna, mager,
starr, noch sätulenartig, so dass hier Nachklünge des älteren Styls der
Facadenscnlpturen hart neben den ersten noch rohen Versuchen des neuen
Styls sich finden. Wieder andere, namentlich die Statuen der Tugenden f),
sind ebenso schlank, edel und leicht bewegt in freier Durehbildung, wie
die zw-ölf Künigsgestalten am Aeussern der Südhalle.
Am IIauptportal hat der lllittelpfeiler die strenge Statue der Ma-
donna mit dem Kindc, zwölf andere Gestalten zu beiden Seiten geben vor-
bildliche Typen aus dem alten Testamente. So Abraham, der den gebun-
denen Isaak hält; Melchisedech mit dem Kelch, Moses mit Säule und
Gesetztafehl, Johannes mit dem Lamm, Simeon mit dem Christnskind auf
dem Arme. Im Tympanon wird Tod, Grablegung und Krönung der Maria
geschildert, in den Archivolten ist durch viele sitzende Statuctten von
Königen und Patriarchen der Stammbaum der Jungfrau angedeutet. Die
Wände der Halle sind hier ganz durchbrochen und in glänzende Bündel-
saulen aufgelöst, welche die frei bewegten, edel entwickelten Statuen von
Tugenden tragen. Dagegen sind die Archivolten hier ohne bildnerischen
Schmuck. Am linken Nebenportal sind sechs Statuen, (larunter mehrere
weibliche angebracht. In ihnen hat das Streben aus der streng statua-
N ü n
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