Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

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Drittes Buch. 
von einer bestimmten stylistisehen Auffassung verritth. So an dem aus 
dunklem ltlarmor gefertigten 'l'aufstein der Kathedralci zu Winchester. 
Zwei Reliefs mit der Geschichte des Lazarus in der Kathedrale von 
Chiehester sind von ähnlicher Starrheit. Aber das Absehreekendste, 
das aus dieser Epoche existirt, ist das Portal der um 1134 erbauten Kirche 
zu Shob den in Herefordshire. Im Bogenfelde wird Christus in einem 
Medaillen von vier ganz verrenkten wurma1'tigen Engeln gehalten. Christus 
selbst sieht mehr einer Raupe, als einem Menschen ähnlich; sein Thronen 
ist ein unbehagliehes Hocken, das Gewand zeigt das lebloseste Parallel- 
gefalt. Fast ebenso roh, doch nicht mehr ganz so starr ist das Priorsthor 
an der Kathedrale von Ely, wo der thronende Christus von zwei nicht 
minder verschrobenen Engeln getragen wird; indess bemerkt man doch 
ein Streben nach vernünftiger Motivirung des Gewandes und nach einer 
mehr naturgemassen Auflassung des Körpers. Selbst gegen Ende der 
romanischen Epoche erheben sieh die anspruchsvollen und mit bedeuten- 
dem Aufwand hergestellten Seulpturen am Portal der Abteikirehe von 
hlalmesbury nicht zu höherer Entwicklung. Dagegen beginnt um den 
Ausgang der Epoche die Seulptur sich niit neuem Aufsehwunge den Grabs 
steinen zuzuwenden, welche in der Folge gerade in England zu eigen- 
thümlieher Bedeutung gelangen sollten. Vom Ende des zwölften J ahrhun- 
derts besitzt die Kathedrale von Salisbury die beiden (irabsteine der 
Bischöfe Roger (T 1139) und Joeelyn (T 1184), Beide noch von geringer 
Naturwalirlieit in einem schwachen, unbehülflichen Styl ausgeführt, die 
Köpfe sehr Haeh und leblos, die Augen eng gesehlitzt und mangelhaft 
gezeichnet, die Iliinde gross und ohne Verstäiudniss. Doch sollte die fol- 
gende Epoche gerade in diesen Denkmälern der Plastik einen raschen 
Aufschwung bringen. 
Es bleibt nun übrig, noch einen Blick auf Italien zu werfen, dessen 
Plastik in der vorigen Epoche mit der nordischen nicht Schritt zu halten 
vermochte. Auch jetzt bleiben die italienischen Werke um ein läedeutenj 
des hinter denen Frankreichs und Deutschlands zurück. Es wird den 
dortigen Künstlern schwerer als andersivo, sieh aus den antiken 'l'raditio- 
nen, von denen sie unmittelbar umgeben sind, zu einem eignen Style 
duleliziiarbeiteii. Daher ist die lebhafteste Bewegung und die freieste 
Regsamkeit dort, wo die antiken Ueberreste fehlen und ein friseherer 
Ilaueh aus Norden über die Alpen herüberweht. Ueberall aber lässt sich 
im Beginn des zwölften Jahrhunderts ein Aufselnrung der Plastik nach- 
weisen, der sieh auch hier an die höhere Entwicklung der Architektur 
und die reichere Ausschmiickung der Fßteaden anknüpft. Auch regt sieh 
sogleich das Gefühl von der Wichtigkeit solchen Scrhzidens in den ausfüh-
	        
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