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Drittes Buch.
dortigen Gicsscrhütte. Es ruht auf den kräftigen Gestalten der vier Pa-
radiesesflüssc, durch Urnen charakterisirt, aus welchen Wasser iiiesst. An
dem Becken selbst sind die vier Kardinaltugenden, die Evangelisten und
die vier grosscn Propheten dargestellt; daneben der Durchgang der
Israelitcn durch das rothe Meer, Josuafs Durchgang durch den Jordan,
die Taufe Christi, und das Bild des die Madonna verehrcnden Stifters.
Auf dem Deckel sieht man ebenfalls verschiedene Scenen, unter anderen
Magdalena, die Füsse Christi trocknend, und das Tränken der Durstigen
neben sonstigen Werken der Barlnhcrziglaeit, die Wieder dem Grundge-
danken verwandt sind. Der Styl ist (lurehaus herb und typisch in her-
kömmlich romanischer Weise, die Ausführung sorgfältig und gediegen.
Der lärzguss findet nun auch bisweilen bei Grabplatten Anwendung.
Eins der frühesten Beispiele ist das Denkmal des Gegenkünigs Budolph
von Schwaben im Dom zu Merseburg, Wahrscheinlich nicht lange nach
seinem Tode (1080) gefertigt. Der Verstorbene ist in flachem Relief dar-
gestellt, die Zügc typisch in strenger Fassung, die Gewandung reich und
gleich den Augapfeln ehemals mit Etlelsteincn geschmückt. Die übrigen
vorhandenen Werke dieser Art gehören ebenfalls dem sächsischen Gebiete.
Es sind bischöfliche Grabdenkmale von schlichter, mehr handwerklicher
Ausführung, eins in der Liebfrauenkirche zu Halb erstztdt, zwei andere
im Dom zu Magdeburg.
Die vereinzelten plastischen KVcrke in Holz sind eben so Wenig für
die Entwickelung der Bildnerei von Bedeutung, wie die Elfenbeinschnitze-
reien, die im Ganzen keine neue Stufe während dieser Epoche ersteigcn.
Dagegen macht sich an den Arbeiten dcr Goldschmiede allerdings ein
neuer Geist in der Auffassung und Durchführung der Aufgaben bemerk-
lich. Am wenigsten freilich gilt dies von den zahllosen fabrikmässig her-
vor-gebrachten metallenen Iiruzilixen und ähnlichen kleinen Werken,
welche durch den anticplarischen Sammeleifer unserer Tage momentan zu
einer ästhetisch nicht zu rechtfertigenden Verehrung gekommen sind,
einer Verehrung, über welche die harmlosen Verfertiger dieser handwerk-
lichen Erzeugnisse sich am meisten wundern würden. Dagegen giebt
es fortan prachtvolle Reliquienschreine, die in architektonischer Weise
angelegt und mit aller dekorativen Pracht des romanischen Styles aus-
gestattet werden. Sie nehmen bei der architektonischen Strömung der
Zeit die Gestalt kleiner Gebäude an, deren Seiten durch Saulchen und
zierliche Bögen gegliedert werden. In den Arkaden finden die Gestalten
Christi, der Maria, der Apostel und besonders des Heiligen, dessen Ge-
beine der Kasten bergen soll, ihren Platz, sie selbst gleich allem Anderen
aus kostbaren Metallplatten getrieben. Auf demfDaeh sieht man ähnliche