Zweites Kapitel.
Die byzantinisch-
-1-01nanischc Epoche.
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Goslar, und die nicht minder tmbehülflichen, auf dem Rücken von
Propheten stehenden Reliefgestalten der Apostel am Tanfsteine des
Domes zu Merseburg; ferner die älteren unter den symbolischen
Bildwerken an der Busskapelle in der Kirche zu Gernro de. Dagegen
entwickelt sich bald ein besserer Styl und eine lebhaftere Empfindung an
einer Reihe von Sttickreliefs im Innern der Kirchen, wobei die leichtere
'I'echnik an dem bildsameren Materiale ohne Zweifel günstig mitgewirkt
hat. Die ältesten unter diesen sind wohl die noch streng behandelten
Gestalten Christi und der Apostel, welche sitzend an der Brüstung einer
westlichen Empore der Kirche zu Gröningen bei Inlalberstatlt an-
gebracht sindit) Bei aller Strenge des Styls herrscht doch grosse Mannig-
faltigkeit in der Anordnung der Gewänder, und die Gestalten sind in
lebhaften Motiven der Bewegung gegen einander gewendet. Entwickelter
sind schon die ebenfalls sitzenden Reliefgestalten Christi und zweier
Apostel an der nördlicher Brüstung des Chors der Kirche zu Hamers-
leben, und in ähnlicher Weise, wenn auch noch etwas typisch in Aus-
druck, Stellung und Gewändern, doch schon in flüssigeren Linien durch-
geführt die ebenfalls sitzenden Gestalten Christi, der Maria und der
Apostel an den beiden Seitenwänden des Presbyterinins in der Lieb-
frauenkirche zu Halbcrstadtftt) Selbst am Aenssern der Kirchen em-
pfahl sich das bequemere Stuckmaterial zur Verwendung, wie das Nord-
portal von St. Godehard zu Hildesheim beweist, dessen Darstellung
Christi und der Bischöfe Godehard und Bernward gleich den vorigen
Werken um die Mitte des zwölften Jahrhunderts ausgeführt sein wird.
Das grossartigste Denkmal ist aber die plastische Aussehmücktlng der
Michaelskirehe derselben Stadt, die wahrscheinlich dem Umbau von
1186 angehört. I-Iier sieht man an beiden Seitenwänden des Chores die
überlebensgrossen Gestalten Christi und der Maria sammt den Aposteln
in reichen Nischen unter Baldachinen stehen. Der Styl entfaltet sich
nochmals zu einer fast herben Strenge, die sieh in der reichen und etwas
gesuchten Det-aillirung der Gewänder mühsam mit einem Hauch freieren
Lebens zu verbinden sucht; aber die Gesammtwirkung ist eine architek-
tonisch-feierliche und hoehbedeutsame. An der inneren Seite dieser
Scheidewände sieht man die Bogenzwiiekel einer kleinen, offenen Galerie
in sinnreicher Anordnung mit schwebenden Engelgestaltcn ausgefüllt, die
wieder ein lebendiges Zeugniss von dem architektonischen Sinn in der
Bildnerei dieser Epoche ablegen. Endlich sind sännntliche Bogenlaibungen
Abbild. in meinem Grundriss der Kunstgesch. S. 353.
H) Eine trei-Tliche Abb. in K]. Sehr. I. S. 139.