Zweites läapitcl.
Die byzantinisch-
-romanische Epoche.
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Kameen, sich zu prachtvoller Wirkung verbanden. So wird uns über
die Ausstattung der Abteikirche Petershausen bei Constanz vom Jahre
983 berichtet, dass der Baldachiil des Altares auf vier reich ge-
schnitzten mit Silberplatten bekleideten Säulen ruhte, und dass die
Bogen desselben mit vergoldeten Silber- und Kupferblechen bedeckt
waren. Die Decke des Tabernakels bildete eine vergoldete Kupferplatte
mit silberner Tafelung. Den Altartiseh schmückte an der Vorderseite
ein Antependium von gediegenem Golde mit Edelsteinen bedeckt, an der
Rückseite eine silberne Platte mit dem itergoldeten Bilde der Maria. Me-
tallcnc Säulen fanden sich auch im Chor der Abteikirche von St. Gallen.
Für den Dom zu Mainz stiftete ebenfalls gegen Ende des 10. Jahrhun-
derts Erzbischof Willigis einen Schatz der kostbarsten Gefasse, welche
grossentheils in Gestalt von Drachen, Greifen, Kraniehen, Löwen ge-
bildet waren. An einem mächtigen mit Goldplatten bekleideten Kruzifix
sah man ein aus Gold getriebenes Bild des Gekreuzigten, dessen hohler
Körper mit Reliquien und kostbaren Steinen gefüllt war, und dessen
Augen durch grosse eingesetzte Karfunkel einen unheimlichen Glanz er-
hielten. Obwohl die Kostbarkeit solcher Werke den meisten den Unter-
gang gebracht hat, ist manch prachtvolles Kruzifix, manch reich ge-
schmückter Kelch und Aehnliches in den Schätzen (ler Dom- und Abtei-
kirehen, so wie in den Kunstsammlungen noch zu tinden. Das umfang-
reichste und bedeutsamste Denkmal dieser Art ist die Altartafel aus dem
Münster zu Basel, welche neuerdings nach Paris in das Hotel de Cluny
gelangt ist. Sie enthalt- ganz aus Goldblech getrieben, in fünf von Säulen
getragenen Arkaden, die Gestalten Christi, der Erzengel Michael, Gabriel
und Rafael und des heiligen Benedikt. Die Haltung ist befangen, doch
feierlich und würdevoll, der Ausdruck der Köpfe hat ein _starres byzan-
tinisirendes Gepräge, die Gewandung ist mit Ausnahme der des heiligen
Benedikt die antike, und ztvar in einer etwas gesuchten Zierliehkeit des
Faltenwurfs, der namentlich bei Christus sich in den tlatternd bewegten
Zipfeln bemerklich macht. Zu den Füssen des Erlösers liegen zwei winzige
menschliche Figuren, ein Mann und eine Frau in Verehrung hingestreckt:
ohne Zweifel die Stifter des Werkes, als welche die Ueberlieferung Kaiser
Heinrich II. und seine Gemahlin Kuniguntle bezeiehnett). Ueber den Ar-
Altartafel
von Basel.
i") Vergl. W. Wzzclrrrrnagel, die goldne Altartafel von Basel. Mig Abbildungen.
Basel 1857. Dagegen Kugleräs Zweifel an dieser frühen Zeitbestimrnnng. (D.
Kunstbl. 1857. S. 37T.) Ich muss gestehen, dass für mich die Frage, ob 11. oder
12. Jahrhundert, noch keineswegs abgeschlossen und entschieden ist. Das Archi-
tektonische und Dekorative scheint mir zum Theil für die frühere, zum Theil für die
spätere Epoche zu sprechen. Haltung und Züge der Inschriften bezeugen ent-
Lühke, (iesch. der Plastik. I9