Erstes Kapitel.
Die altchristliche Epoche.
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Ein anderes Werk in derselben Stadt, der Altar des Herzogs Pennno,
der ungefähr aus gleicher Zeit stammt, jetzt in der iilartinskirehe aufge-
stellt, giebt in seinen Reliefgestalten des thronenden, von lauppeixhaften
Engehl umgebenen Christus ein Beispiel von der äussersten Rohheit, in
welche zuletzt die altehristliehe Kunst ausartete k).
Ausser diesen grösseren Werken haben sich aus altchristlicher Zeit
manche kleinere plastische Arbeiten erhalten. Besonders zahlreich und
interessant sind unter diesen die Elfenbeinsehnitzereien. S0 besitzt die
Alt:
Civi
Xfenbein-
xrbeiten.
Kunstkammer im Museum zu Berlin ein eylindrisches lillfenbeingirfaiss,
das auf der einen Seite den jugendlichen Christus lehrend in der Mitte
der zwölf Apostel, auf der andern die Darstellung der Opferung Isaaks
enthält. Die Frische, mitwvelcher hier die antike Auffassung sich geltend
macht, weist dies Werk in die Frühzeit ztltchristlicher Knnstthatigkeit.
Ein anderes ähnliches Gefäss aus etwas späterer Zeit, vielleicht dem
sechsten Jahrhundert angehörigy findet sich im Hötel de Cluny zu Paris.
Es stellt Christus und die Saniariterin, die Heilung des Blindgeborenen
und des Gichtbrüchigen, endlich die Auferweckung des Lazarus dar.
Eine Elfenbeintafcl von vorzüglicher Arbeit, noch ganz in antiker Auffas-
sung, findet man in der Sakristei des Domes zu Salerne. Das Relief
erzählt die Geschichte von Ananias und Saphira, (leren dramatische Kata-
strophe mit äeht antiker Lebendigkeit geschildert ist. Auch der Gebrauch
der eonsularischen Diptgrchenitt), jener (loplaelten ltllfOllbCllliälfelll, (leren
innere mit Wachs überzogene Seiten zum Schreiben dienten, während die
Aussenseiten mit Reliefdarstellungen geschmückt wurden, setzte sich in
altehristlieher Zeit fort imd wirkte in der Folge auf die Gestalt (ler Altäre
und Altaraufsatze bestimmend ein. Ein solches Diptychon ist das des
Consuls Areobindus vom J. 506 auf demAntiquariuxn zu Züri chikdtik"), mit
recht lebendig dargestellten Kämpfen gegen Löwen und Bären. Ein an-
deres, etwa aus derselben Zeit, bewahrt der Domschzitz zu Halb erstadt.
Man sieht darauf in der Mitte die etwas kurzen plumpen Gestalten der
beiden Consuln mit ihren Begleitern, oben eine öffentliche Sitzung dersel-
ben im Beisein von Apollo und Minerva, unten (irnppcn Gefesselter, dar-
imter eine gefangeneFüi-stin ihr Kindchen saugend. In Byzanz nahmen diese
Arbeiten die eonventionelle steife Zierliehkeit an, in welcher dort die an-
a) VergL Eilglbgryßr, im Jahrb. d. Wiener Centr. Comm. 1857. S. 243, mit
Abbild" thesmlrus veteruxn
M) Ueber die Diptycl1cx1 vergl. das bekannte Welk xon 101:, -
dllitffälinhwlorv Nato 1 8' Vuydüz in den MitLheil. d. ant. Gas. in Zürich. Bd. X1.
Wirausgeg. v 1
H. 4. S. 79 Pf.