Erstes Kapitel.
Die altchristlichc Epoche.
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und ziehen friedlich im Schutze des Ilimmels ihre Strasse. Im lebhaften
Gegensatze zur festlich heiteren Stimmung dieser Gruppe steht das wilde
Getümmel der Verfolger, die mit Ross und Wagen in den wildempörten
Fluthen versinken. Pharao selbst jagt eben auf dem Ziveigespann, gefolgt
von seiner berittenen Leibgarde, in's Verderben hinein. In acht antiker
Auffassung ist Anfang und Ende des Zuges dicht zusammengedrängt,
(lenn der Letzte des Gefolges sprengt eben aus dem Stadtthore hervor.
Auch die drei Gestalten, welche am Boden lagern und das Lokal des Lan-
des, des Niles und des rothen Meeres pcrsonificiren, sind völlig in antikem
Geiste gedacht. Dies Werk, das etwa dem fünften Jahrhundert angehört,
gewährt eine lebendige Anschauung von der sinnvollen Weise, in welcher
die Vorgänge des alten Testamentes auf christliche Anschauung und die
Lehre von der Erlösung übertragen wurden. Weiter besitzen die Mu-
seen des südlichen Frankreichs eine Anzahl von altehristliehen Sarko-
phagenit). Mehrere in der Sammlung zu Marseille zeigen Christus mit
den Aposteln in kleinen Säulenstelhmgcn. Der Ilntergang Pharao's im
rothen Meere findet sich auf einem interessanten Sarkophage des Museums
zu Aix; doch sind damit Joseph vor Pharao und das Mannalescn auf
den Sehmalseiten verbunden. Ebendort sieht man einen anderen, mit ver-
schiedenen Wundern Christi und Moses, der die Gesetztafcln empfängt.
Eine grosse Anzahl besitzt ferner das Museum, wie die Kathedrale von
Arles. Endlich kommen verschiedene Wundergeschichtcn Christi, durch
Saulchen abgetheilt, an einem Sarkophag des Museums zu Lyon vor.
,Vom Ende der altchristlichen Epoche datiren einige merkwürdige
Reliefgestalten zu Oividale in Friaul. Dieselben befinden sich in einer
kleinen Kirche des Benediktinerinnenklosters, welche im achten Jahrhun-
dert von einer longobardischen Fürstin Peltrudis erbaut wurde. Bei der
Genauigkeit, in welcher eine alte Nachricht mit dem Zustande des Denk-
mals übereinstimmt, ist an dem Datum nicht zu zweifeln. Sechs über-
lcbensgrosse, in Stuck ausgeführte Reliefgestalten der heiligen Frauen
Anastasia, Agape, Chionia und Irene, und der beiden männlichen Ileiligen
Chrysogonus und Zoiles sclnnüeken die Wände. Während die letzteren
in einfacher priesterlicher Tracht mit der faltenreiehen Casula zmgethan
sind, zeigen die weiblichen Gestalten (Fig. 115) das mit schwerem Schmuck
von Perlen und Stickereien überladene byzantinische Frauenkostüm. In
starrer Haltung, mit den ausdruckslosen Köpfen und den nur mühsam
in parallele Faltenlinien abgetheilten Gewändern geben sie ciiranschau-
Reliefs z:
Cividale.
in Jllillirüs "Voyage dans les (iäpartcments
du midi de 1a Francc (Paris