Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

lürstes Kapitel. 
Die altchristliche Epoche. 
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noch nicht mächtig genug, um den alten Formen einen neuen- Ausdiuck 
zu geben. 
An1 wenigsten ist von Einzelgestalten zu meldenit) Wenn gelegent- 
lieh von einer Statue Christi erzählt wird, welche die nach Matthäus 9. 20 
von ihm geheilte Frau ihm gesetzt haben soll, und die vom Kaiser 
Julian zerstört worden sei; wenn ebenso ein Bild Christi von Nikodemus 
aus Cedernholz geschnitzt wurde, so beruhen solche Ueberlieferungen 
eben so wenig auf geschichtlichen Zeugnissen wie das angeblich vom 
h. Lucas gemalte Bild Christi oder der Abdruck seines Antlitzes im 
Schweissttiche der Veronika. Was wir von statuarischen Darstellungen 
keimen, beschränkt sich auf einige aus den Katakomben stammende, jetzt 
im christlichen Museum des Laterans befindliche lliarmoriigürcllt-lh Sie 
gfelaeil noch gar nicht die Gestalt des historischen Christus, veranschau- 
lichen ihn viehnehr unter der symbolischen Bezeichnung des guten Hir- 
ten, die er selbst von sich anzuwenden liebte. Man sieht ihn im kurzen 
llirtengeirande, der antiken aufgeschürzten Chlamjis, jugendlich und bart- 
los, in der Hand den Hirtenstab, die Rechte liebevoll gegen ein Lamm 
ausstrecken, das sich vertraulich ihm anschmiegt. Ein andres Mal ist er 
der gute Hirt, welcher das verirrte Lamm getreulich auf seinen Schultern 
zur Heerde zurüekbringt. Wenngleich von untergeordneter Ausführung, 
athmen diese Werke doch die naive Anmuth antiker Kunst, die hier zu- 
gleich der natürliche Ausdruck christlicher Anspruchslosigkeit wird. 
Weitaus (las bedeutendste statuarische Werk altehristliirher Zeit ist 
die grosse eherne Bildsäule des heiligen Petrus in S. Peter zu Rom. Dcr 
Apostelfürst ist sitzend dargestellt, in antik römischer Gewandung, die, 
Rechte feierlich erhoben. Die Arbeit zeigt eine für die Zeit des fünften 
Jahrhunderts auffallende Sorgfalt und Genauigkeit der Tlechnik; der 
geistige Gehalt ist aber gering, und man erkennt in jeder Linie die 
mühsame Nachahmung antiker sitzender Senatorengestalten.  Ein an- 
deres Werk aus derselben Zeit, die hlarniorstatue (les heiligen Hippolytos, 
jetzt im christlichen Museum des Laterans, ist. nur in der unteren 
Hälfte alt. Sie verräth (lurchaus ein ialmliches Verhältniss zur antiken. 
Plastik. 
Am umfassendsten findet die Plastik Anwendung in den Reliefs der 51' 
Sarkophage, deren Ausschmitckung man nach früherer römischer Sitte 
auch in altchristlieher Zeit fortsctzte. Die Anordnung bleibt dabei die 
i") Die Denkmäler, welche die Kaiser von Byzanz sich selbst und ihren Qllacen 
setzten, haben Nichts mit: der alt hristlichen Plastik zu tlmn und wurden (lcslmn) 
oben (S. 257 u. 258) bei den spätrömischcn Werken erwähnt.
	        
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