Erstes Buch.
des mittleren und vorderen Asiens, die Aegypter selbst sind vom geschieht-
liehen Strom ergriffen und in die wechselvollsten Schicksale furtgerisseii
werden. Die mächtigsten Reiche, die festesten L(rbxniserdiiuligeii sind dem
Untergang anheimgefallen. oSlltlSlßll selueint (liesem nnabläissigeil Wechsel
gegenüber die starre Festigkeit unabänder-liehen Beharrens vertreten zu
sollen.
In diesem Gr-agensattze gegen alle anderen Kulturxtölker liegt für uns
die Berechtigung, ja die Nöthigung, jene Völker des fernsten Ostens an
die Spitze unserer Kunstbetrzichtung zu stellen. Obwohl neuere Forschung
die Denkmale jener Lander in eine viel jüngere Zeit gerückt hat, als sie
früher dem staunenden Auge des Reisenden erschienen, müssen sie doch,
eben jener Unvcrän(ierliehkeit des ostasiatischen Geistes wegen, als Zeugen
einer vielälteren Gesittung und Kunstbihlung gelten. Dafür spricht auch
der Charakter ihrer architlaktonischen Anlagen. In erster Linie handelt
es sich hier von den Werken Indiens. Sie sind fast ohne Ausnahme so
weit uns ein Urtheil zusteht- gottesdienstliche Denkmalc. Die religiösen
Anschauungen beherrschen im Leben der Hindu Alles, das Grösste wie
das Kleinste. Sie weisen schon vor der Geburt den Menschen einer be-
stimmten Kaste zu, zeichnen ihm unabitmlcrlich seinen Lebensgang vor,
machen ihn zum willenlosen Werkzeuge in einer unerhittliclien Weltord-
nung. Bezeichnend genug, dass die einzige geistige und geschichtliche
Bewegung, die wir in Indien kennen, eine religiöse gewesen ist. Sie
knüpft sich an das Auftreten Buddhzüs, dem die Noth des in dumpfcm
Elend seufzenrlen Volkes so zu llerzen ging, dass er eine tröstlichere
Lehre, eine reinere Gottesverehrung an die Stelle des phantastischen
brahxnanischen Aberglaubens setzte. Aber auch der Buddhismus, so edel
und rein er ursprünglich gedacht war, entging nicht den irc1'de1'bliehen
Einflüssen des alten WVahnes, mid wie in Indien die unver-
wüstliche 'l'riebkraft der Natur alle gewaltigstlan Schöpfungen der Men-
schenhand immer wieder mit ihren Schlinggewxiitchsen überwuchert, so er-
stickt die Phantastik des indischen Geistes immerfort alle reineren, klare-
wfllltiXStik.
ren Anschauungen.
Die Werke der Bildnerei haben unter solcher Sinnesriehtuug am
Ineisteil zu leiden. Keine Religion hat je solchen Schwulst wuwvol-i-eiier,
mystischer Vorstellungen zu 'I'a.ge gefördert, wie die der Bmhnlanen.
Der Charakter des Volkes neigt mehr als der irgend eines anderen Stam-
mes zum weichen Insichversinktiil, zu grübelndem Brüteu. Das düefsinnigia
schlägt sofort in's V erschrobene um. Aus den "Pritumeu dieser abenteuer-
liehen Phantastik ist eimGöttei-himmel dessen (lestalten
jeder plastischen Darstellung zu spotten scheinen. Die göttlielneln Wiesen