Viertes Kapital.
Die Bi
ldncrci bei den Römern.
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statten. Man sieht noch jetzt Sarkophage, an denen die Gesichter der
Hauptpersonen nur roh vorgearbeitet sind, weil man denselben nachher
erst die Portraitzüge des betreffenden Verstorbenen zu geben piiegtc. Doch
fehlt es auch nicht an einzelnen Werken, die durch künstlerisches Ver-
standniss und edlere Ausführung hervorragen, wie denn der schönste
aller Sarkophage, der sogenannte Fuggefsche in der Ambraser Samm-
lung. zu Wien, Scenen von Amazonenkampfcn zeigt, die von griechischer
Hand eine Reihe herrlicher Motive aus der besten Kunstepoche in Nach-
bildrmg enthalten. Darin besteht denn überhaupt die Bedeutung selbst
der geringer ausgeführten Werke dieser Art, dass ihre Urheber aus dem
Schatze der edelsten und berühmtesten antiken Idealwerke schöpften und
in den engsten Rahmen oft die grossartigsten Compositionen des Alter-
thums zusammendrangten. Freilich ist dadurch die Anordnung gewöhn-
lich in hohem Grade überladen, wie die malerische Tendenz des römi-
schen Reliefs es ohnehin mit sich brachte. Wer aber sich die leichte
Mühe nimmt, aus dem dichten Gedränge die einzelnen Gruppen zu lösen,
der wird oft durch hinreissende Züge griechischer Erfindung belohnt
werden und aus diesen kleinen Denkmalen manchen wichtigen Auf-
schluss über rmtergegangene lileisterwerke hellcnisehei- Plastik erhalten.
Die römische Kunst ist in diesen Werken fast immer ideal. Nur Gäägsiäätjäelliloe
selten giebt sie in ihnen Scenen des wirklichen Lebens, welche den Stand
oder die Berufsthatigkeit des Ielingeschiedcnen, seine Lcbensschicksale,
seinen Tod und die Trauer der Verwandten schildern. Ein merkwürdiges
Werk dieser Art ist der Sarkophag in den Uflizien zu Florenz, der den
ganzen Lebenslauf eines Römer-s in einer Reihe interessanter Scenen ver-
anschaulicht. Dahin gehört auch der Sarkophag im Museum zu Lyon
mit einem Triumphzug, sowie Romulus und Remus unter ihrer Wölfin.
Ferner der prachtvolle Sarkophag des F1. Val. J ovinus in der Kathedrale
zu Rheims mit der leidenschaftlich bewegten Schilderung einer Eber- und
Löwenjagd. Am häufigsten kommen noch Deu-stellungen von Schlachten
zwischen Römern und Barbaren als besonderer Lieblingsgegenstand vor;
so an einem Sarkophag im Capitol und einem anderen im Campo santo
zu Pisa. Wenn Darstellungeifvon Oircusspielen gegeben werden, wie an
mehreren Sarkophagen des Vaticans, so ist darin schon eher eine Be-
ziehung auf den leidenschaftlichen Wettkampf des Lebens zn erblicken.
In der Regel aber griff man zu Scenen der griechischen Götter- oder He-
roensage, die durch Mannichfaltigkeit und Schönheit der Motive sich be-
sonders empfahlen. Auch unter diesen sind gewiss manche ohne tiefere
symbolische Beziehung nur deshalb gewählt worden, weil sie die Erinne-
rung an irgend ein hochberühmtes Kunstwerk griechischer Zeit gewährten.
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