Viertes Kapitel.
Die Bildncrei bei den Ri
lTlßlTl.
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versetzen, indess ein Hund das hcrabtraufelnde Blut des geheiligten Thiercs
aufzehrt. Eins der Haupt-Beispiele ist das grossc Relief im Louvre.
Ebenso gehören auch die meisten jener barocken Darstellungen der hun-
dertbrüstigen Artemis dieser Zeit an.
Für den allmählichen Verfall der Portraitbildnerei liefern die Statuen
und Büsten der späteren Kaiser eine wichtige chronologische Anschauung.
Aus dem Beginn dieser Periode ist uns in der ehernen Reiterstatue M.
Aurels auf dem Capitol ein noch immer bedeutendes Werk erhalten;
freilich fehlt ihm der ideale Hauch jener herkulanischen Reiterbilder, und
statt einer sehwungvolleren Autfassimg ist eine gewisse trockne Nüchtern-
heit unverkennbar. Das letzte bedeutende römische Kaiserportrait ist das
oft wiederholte des Caracalla, zugleich psychologisch interessant durch
die erbarmungslose Genauigkeit, mit welcher das confiscirte Verbrecher-
gesieht dieses Scheusals charakterisirt ist. „Bei diesem Kopfe," sagt
Jacob Burckhardt, „ steht die römische Kunst wie vor Entsetzen still; sie
hat von da an kaum mehr ein Bildniss von höherem Lebensgefühl ge-
schaffen." In der folgenden Zeit wird die Auffassung immer geistloscr,
die Behandlung immer flauer, oberflächlicher, oder sie sucht in kleinlicher
Hcrirorhebung der Aeusserlichkciten, besonders in pedantischer Detailli-
rung des Haupthaares sich zu überbieten. Aermlich ist es auch, (lass in
dieser Zeit das abbreviirte Bildniss, die Büste, über die Statue den Sieg
davon trägt. Bei den Frauenköpfen kommt die abgesehmacktc Gewohnheit
auf, durch bewegliche steinerne Perücken, die leicht durch andere ersetzt
werden konnten, den.Geschmacklosigkeiten der rasch wechselnden Mode
nachzufolgen. Hart und steif ist die Kriegerstatue Constantins auf dem
Capitol, und nicht besser die angebliche Togafigui- des Julian im
D011 VPG- Eillßll merkwürdigen Beweis von der Fortdauer eines gewissen
technischen Geschickes liefert indess noch der 18 Fuss hohe Bronzekoloss
zu B arlet-ta, vielleicht ein Standbild Theodosius des Grossen, von wel-
chem auch sonst bedeutende plastische Denkmäler zeugent).
Historische Bildwerke sind uns an einigen Monumenten dieser Epoche.
erhalten. Sie geben sich als Nachahmungen der ähnlichen Arbeiten aus
der Zeit der Flavicr und des Trajan zu erkennen, bleiben aber an Kraft-
fülle und Lebensfrische, wie an Adel und Rhythmus der Oomposition weit
hinter ihnen zurück. Hierher gehören die Reliefs am Fussgestell einer
von M. Aurel und L. Verus dem Antoninus Pius errichteten Ehrensaule, jetzt
im vaticanischen Garten zu Rom. Auf zwei Seiten sieht man eine lebendig
bewegte aber in ziemlich unglücklicher perspektivischer Anordnung durch-
Port mits.
Historische
Bildwerke.
Vergl. J. Fricrlliinrler
Liibk e, Gesch. der Plastik.
in Gerhard's Archäol.
Zcitg.
XVIII.
J uhrg.
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