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Zweites Buch.
Pallasbilden
Amor 111
Psych e
Bakchische
Gestalten.
und nebenbei durch die sechzehn pyginaenartigen Schelme, welche muth-
willig den gewaltigen Riesen umspielen, ein Meisterstüek des lnnnoristi-
sehen Genre. Denn in dieser geistreichen Weise hat der Künstler die
verschiedenen Stadien der Anschwcllung des Flusses angedeutet. Ein
Gegenstück zu diesem Vicrke ist der ebenfalls grossartig behandelte Tiber
im Louvre zu Paris. Gross ist sodann die Zahl der Statuen, in denen
uns Nachbildungen der Meisterwerke griechischer Blüthezeit erhalten sind.
S0 deuten die kolossale Marmorstatue der Pallas von Velletri im Louvre,
und die durchaus verwandte aber viel geistvoller behandelte Pallasbüste
der Glyptothck zu München vielleicht auf eins der Pallasbildcr des
Phidias hin, während die Minerva mediea des Vatican einem minder
majestätischen, mehr anmuthigen Vorbilde nachgeahmt zu sein scheint.
Qnter den Gruppen zeichnet sich die capitolinischc von Amor und Psyche
(Fig. 102) durch zartesten Ausdruck und das feinste Liniengefühl als ein
Werk von griechischer Erfindung, wenngleich geringerer Durchführung,
aus. Der Kreis des Amor und der Venus, aber auch des Bakehus mit
dem ganzen Bereich seiner lehensprühenden Gestalten erfreut sich in
dieser Zeit einer besonderen Piiege, wie die überaus zahlreichen und
manniehfaltigen Denkmale beweisen. Zu den tüchtigstcn Werken dieser
Art gehört der Silen, welcher das Bakehuskind sorgsam auf den Armen
halt und mit Zärtlichkeit betrachtet, ein Werk, dessen häufige Wieder-
holungen, im Vatiean, in Paris, München und an andern Orten ohne
Zweifel auf ein berühmtes griechisches Original zurück zu führen sind.
Den ausgelassenen Humor bakehantiseher Gestalten schildert die treff-
liehe Statue des tanzenden Faun in der Villa Borghese zu Rom, dem
ebenfalls ein berühmtes griechisches Vorbild zu Grunde liegen muss,
vielleicht der die Flöten anstaunende Satyr von Myron. Voll naiver
Lebensfreude ist der treHlich durchgeführte, das Scabillum tretende Faun
in der Tribuna der Uffizien zu Florenz, und ebenso zeichnet sich durch
feine Naturwahrheit und elegante Bewegtmg der Faun im Capitol aus,
in rothem Marmor (rosso anlico) mit einer gewissen prunkentlen Technik
ausgeführt (Fig. 103). Man fand die Statue in den Trümmern der hadrizi-
nischen Villa, und sie mag gleich jenen beiden Kentauren aus schwarzem
Marmor, welche eben dort gefunden wurden, die um jene Zeit immer
starker hervortretende Vorliebe für kostbare oder schwer zu bearbeitende
verschiedenfarbige Steinarten bezeugen, die ein klares Hervortreten der
Form hinderten und nur dem Prunken mit einer bravourmässigen Tech-
nik förderlich waren. In diese Reihe gehört auch die unangenehme
Kolossaliigur eines Herkulesknaben aus grünem Basalt im Museum des
Capitolsa