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Zweites Buch.
gestellt, die trotz starker Zerstörung die Athene Ergane als Lehrerin und
Vorsteherin weiblicher Arbeiten erkennen lassen. Bedenkt man, (lass es
sich hier nur um ein dekoratives Werk handelt, so wird man die Tüch-
tigkeit dieser Arbeiten nicht gering anschlagen.
Kennnum-
les Cupiu
In den Ausgang der Epoche leiten uns zwei originelle Denkmale des
kapitoliniselien Museums, aufgefunden in der tiburtinischen Villa Ha-
drians und allem Anseheine nach für dieselbe gearbeitet. Wir lernen
hier insehriftlich wieder zwei Künstler kleinasiatiseher IiIerkunfi kennen,
Arisleas und Papiaiv aus Aphrodisias, welche aus schwarzem lilarinor zwei
Kentauren, einen jugendlichen (Fig. 101) und einen älteren gearbeitet
haben. Beide trugen ursprünglich, wie aus Wiederholungen hervorgeht,
einen geiiügelten Eros. Während aber der jugendliche Kcntaur mit la-
chendem Muthc seinen neckischen Reiter erträgt, seufzt der Aeltere mit
gefesselten Armen über die Schinerzen, welche der tyrannischc Liebes-
gott ihm bereitet. Diese geistreiche Idee weist auf ein älteres griechi-
sches Original zurück, und die Wahl desischwvarzen Marmor-s, sowie die
1'aftinirte Technik in der Behandlung scheinen dafür zu sprechen, dass
die Künstler nach einer Bronze gearbeitet haben.
Antinoos.
Der hadrizmisehen Zeit gehört dann auch die letzte Idealgestalt an,
welche die antike Kunst geschaffen hat. Es ist Antinoos, der Liebling
jenes Kaisers, der für seinen Geloieter in Aegypten auf geheimnissvolle
Weise den Opfertod erlitten hatte und auf Befehl des Kaisers vergöttert
wurde. Unzählige Statuen, darunter selbst streng ägyptisirende, geben
davon noch jetzt Zeugniss, (lenn sie führen den Jüngling in göttergleieher
Idealgestalt vor, während die breite Brust und der halb sehwitrinerische,
halb sinnliche Ausdruck des Kopfes, der an den orientalischen Typus
streift, das individuelle Gepräge festhalten. Eine der vorzügliehsten
Statuen (liesen-Art, in der tiburtinischen Villa des Hadrian gefunden, be-
wahrt das Museum des Lateran; eine zweite, ebenfalls treffliche, der
Vatiean, mancher anderen an verschiedenen Orten zu geseliweigen,
Die Stimmung in diesen oft recht edlen Werken ist eine so subjektive,
sehwermuthsvolle, dass sie das Gebiet der antiken Anschauung nur an
der äussersten Grenze noch berührt.
Andere
Werke.
Von den zahlreichen, weder auf einen bestimmten Meister, noch auf
eine sichere Zeitangabe zurückzuführenden Werken dieser Epoche, welche
die Museen Europe's füllen, mögen nur einzelne beispielsweise hervorge-
hoben werden. Manche darunter sind in äeht hellenisehem Geiste geschaf-
fen, wie die kolossule lllzirniorgruppe des Nil im Vatiean, ein Meister-
stüek feiner Charakteristik in freier grossartiger Behandlung der Formen