Viertes Kapitel.
Die Bildnerei
bei den R;
241
ZWEITE
PERIODE.
Von
Augustus
bis
Hadrian.
138 n.
Unter (Ien Kaisern des Julisclnelm und des Flavischen IIauses schreitet
die Plastik in Rom immer entschiedener auf den unter Augustus einge-
schlagenen Bahnen weiter. Sie wird mehr und mehr in den Dienst der
Architektur genommen und muss die Anforderungen eines verfeinerten
Luxus befriedigen. Dadurch bewahrt sie sich fortwährend eine gediegene
Meisterschaft in allem Technischen, ohne jedoch an Frische und Unmit-
telbarkeit zu gewinnen. Allerdings treten letztere Eigenschaften noch am
meisten in den Schöpfungen der eigentlich römischen Plastik zu Tage,
ja die historische Bildnerei, diese achte Tochter des römischen Geistes,
schwingt sich erst jetzt zu grossartigen und durchaus charaktervollen
Schöpfungen auf. Ebenso ündet die Portraitdarstellung förderliehste
Pflege und weiss durch ebenso geistreich aufgefasste als glänzend durch-
geführte Werke zu fesseln. Aber um so fühlbarer wird daneben das
Sinken der griechischen Idealplastik. Zwar wird noch fortivährend zum
Schmuck öffentlicher und Privatgebaude eine grosse Anzahl tüchtiger
Werke auch dieser Art geschaffen; allein der edlere frischere Hauch, der
in der vorigen Epoche noch von Griechenland herüberwehte, stirbt ab,
und die Massenproduction begnügt sich mit leichtem Copiren älterer
Schöpfungen. Immer mehr geht dabei die Seele verlorenfund der ganze
Nachdruck wird auf die äussere Form gelegt. Die gediegene Tradition
der ltlarmorbehandlung erhält sich freilich noch lange, sucht sich sogar in
virtuosem Vortrag zu vervollkommnen. Allein dies Alles führt zum
Prunken mit glänzender Technik, und die Werke gewinnen überwiegend
den Charakter glatter Eleganz. In der Erzplastik wusste zu Nero's Zeit
Zcnodoros zwar technisch noch Ausgezeichnetes zu leisten, indem er die
115 Fuss hohe Kolossalstatue jenes Kaisers goss, allein nach Plinius'
Urtheil erkannte man doch an jenem Werke, "dass die Kunde des Erz-
gusses untergegangen War." iDennoch (lürfen wir nicht vergessen, dass
unter den vorhandenen Kunstdenkmalen viele recht gediegene Arbeiten
dieser lüpoche angehören, und dass die Plastik sich bis auf Hadrian noch
auf achtunggebietender Höhe hält.
Von Vespasianus an ist die ganze Reihe der folgenden Kaiser bis
auf Trajan unablässig bemüht, durch grossartige läauten mit einander zu
wetteifern. Was in dieser Weise an 'l'en1peln, Theatern, Foren, Bädern,
Basiliken, Ehrendenkmalen, Palästen und Villen entstand, erhielt durch
Schicksale
der Plastik.
Von
Vespasi
bis Traj
GOSCII.
lastik.