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Zxireitcs Buch.
Keule, welche von der Löwenhaut bedeckt wird. In der rechten, auf den
Rücken gelelmtcn Hand halt er die Ac-pfel der Hcsperiden. Auch hier ist
die Anlage der Formen eine überaus grossartigc und die Gestalt nicht
bloss durch den kolossalen Maasstab, sondern mehr noch durch die über-
mächtige Bildung der Glieder zur Idealform eines Halbgottes gesteigert.
Auch lässt die über-massige Kleinheit des
N Kopfes, verbunden mitder übertriebenenBreite
1 der Schultern, der Brust und der Schenkel,
Q sich als Charakteristik des Heraklestypus recht-
T; fertigen. Die sehwülstige Art dagegen, mit
welcher seine liiuskulatui- mehr ausserlich
; täuschend als von innerer Kraft erfüllt sich
i, prahlerisch zur Schau bietet, darf man sicher
i nicht dem Original des Lysippos, sondern
[in nur der übertreibenden Manier des Glykon
.1 f" bcimessen.
Es Q Ein drittes gepriesenes Hauptwerk der
X neu-attischen Schule ist die Statue der medi-
eeischen Venus, von lflconzenesg Apollodoros
St, f F: Sohn, aus Athen (Fig. 94), in der Tribuna der
Ufiizien zu Florenz. So hoch dies Werk
(lurch weichen Schmelz der Behandlung, (lurch
W den harmonischen Rhythmus der Linien, durch
t die zarte Schönheit jungfräulich schlanker-For-
men steht, so weit bleibt es der lihnpfindung
nach hinter den Werken der früheren Zeit zu-
, rüek. Hier ist nicht, wie in ilerAphrodite von
Ä Melos (S. 136) die Schönheit einer Göttin in
ihrer unbewussten Hoheit dargestellt; man
x T? sieht nur die Reize einer koketten Frau, die
li (lurch die scheinbar verschämte Iialtung den
m; M. Medicöime Venus. Bewunderer herausfordern mochte, nach
Florenz- welchem sie eben sich umschaut. Denn ge-
rade dieser Blick und diese Wendung des
Kopfes rauben, in Verbindung mit der Haltung der Arme, der an sich
so vollendet schönen Statue den höchsten Zauber, den der keuschen Un-
befangenheit. Die überaus grosse Anzahl der Nachbildungen dieses
Werkes beweist zur Genüge, wie sehr dasselbe dem Geiste seiner Zeit ent-
gegen kam. Uebrigens thun wir wohl Unrecht, solche Statuen, in denen
das Thema der weiblichen Schönheit wie hier in rein genrehaftei- Weise