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Zweites Buch.
haben. Wenn auch diese Namen (lurchaus mythischen Klang verrathen, so
birgt sich in ihnen als geschichtlicher Kern die Tlhatsache, dass von dem
kunstreichen, besonders durch seine Thonbildnerei berühmten Korinth
diese Technik nach Italien übertragen wurde. Damit stimmt denn der
Umstand, (lass wir auch die Etrusker frühzeitig als gepriesene Thonbild-
ner keimen lernen. Denn es wird erzählt, dass die ältesten Tempel Roms
nicht allein in etruskisehcr Weise gebaut, sondern auch von etruskisehen
Künstlern mit thöncrnen Bildwerken geschmückt waren. S0 berief, wie
Plinius berichtet, Tfarquinius Priscus einen Plastiker Volcanius aus Vejiit)
nach Rein, um für den capitolinisehen Tempel das Bild des J uppitei- und
das Viergespann des Giebels zu arbeiten. Die Statue des Gottes pilegte
man, wie derselbe Gewäthrsmann erzählt, roth anzumalen.
Wir vermögen die einzelnen Stadien jenes neuen Entwicklungs-
prozesses nicht nachzuweisen; wohl aber sehen wir im Ganzen und
Grossen, dass der griechische Einiiilss bei den Völkerstänuuen Italiens
immer mehr zur Herrschaft kommt, zuerst vorzüglich bei den Etruskern,
zuletzt bei den Römern sich Bahn bricht, wie eben diese beiden Nationen
im Kultur-leben Italiens als Führer geschichtlich auf einander folgen.
Zugleich aber ist bald wahrzunehmen, dass etruskische und römische
Bildnerei darum doch nicht rein griechische wird, dass vielmehr der ver-
schiedene nationale Boden, in welchen die fremde Kunst gepflanzt ist,
ihrem ganzen Wesen eine unverkennbare Umwandlung gicbt.
Bei den Etruskern prägt sich dies zunächst als längeres Festhalten
an alterthümlichen, befangenen Formen ans. Bedenken wir, wie langsam,
bei aller Stetigkeit des Fortschritts, selbst eine so begabte und bevorzugte
Nation wie die Griechen sich von strenger Gebundenheit zu edler Freiheit
emporsehwvang, so muss bei eineln minder begabten Volke eine viel
schwerfälligere Bewegtmg nicht überraschen. Wir finden in der etrns-
kisehen Kunst zu einer Zeit, wo der griechische Einfluss bereits mächtig
war, noch auffallende Nachklänge jenes älteren, vom Orient abhängigen
Formcnsiunes, der sich hier in einer theils phantastischen, theils nüch-
ternen Herbigkeit ausspricht. Selbst im Stoffkreise der altitalischeu
Kunst lässt sich das erkennen. Denn neben den von Griechenland ent-
lehnten Darstellungen aus der Götter- und Heroenwelt begegnet uns in
Wandgemäldcn wie in Grabreliefs jenes dem Orient eigene Beilagen an
chronikartiger Schilderung der Wirklichkeit; verschiedene Tlhätigkeiten
des Lebens, Feste, Gastmähler, Ceremonien der Leiehenbestztttting breiten
sich in ausführlicher Darstellung aus, und selbst wo solche Seenen bereits
durch irrthümliclle Lesart Turiwz-us aus Frcgellac genannt.