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Zweites Buch.
Sterbender
Alexander.
Die Gruppe hat ähnliche Vorzüge wie die des Laokoon, und ist viel-
leicht noch kunstvoller, kühner aufgebaut, wie sie auch als die kolossalste
lliarmorarbeit des Alterthums schon in technischer Hinsicht Bewunderung
verdient. Neben der dramatischen Lebendigkeit, der klaren und dabei
ergreifenden Anordnung, der rapiden Bewegung, welche sich in ihr aus-
spricht, fesseln besonders die herrlich entwickelten Körper, die sainmtlich
etwas Heroisches haben, und deren Behandlung bei vollendeter Kenntiiiss
doch weniger rafünirt erscheint als die des Laokoon. Gemeinsam ist
aber beiden Gruppen das Malerische der Anordnung und das gesteigerte
Pathos, das sich in beiden zur Spitze einer tragischen Katastrophe
gipfelt. Denn wenn auch, der Natur des Gegenstandes geinäss, der Mo-
ment vor dem Beginn der Todesmarter gewählt wurde, während im Lao-
koon mehrere Momente verbunden sind;' wenn also der Anblick hier nicht
so unmittelbar entsetzlich wirkt wie dort, so ist dagegen der Stoff an
[x sich ein geradezu abstossender. Denn
es handelt sich um einen Akt. von
n; Brutalitat, der durch Nichts gemildert
K". W wird, da hier so wenig wie im Lao-
j j pxsi? koon die dem Vorgange zu Grunde
f "x Q. j Q liegende sittliche Idee im Werke
i, 0 selbst zur Erscheinung kommt.
Q l ä Derselben Zeit und Schule glaube
"Es i ich nun auch jenen berühmten Kopf
RQSlQ-tiixsxx _J, 53,; der Ufiizien zu Florenz (Fig. S6)
i " ,i zuschreiben zu müssen, der als ster-
RX bender Alexander bekannt, aber
K 7x f" j. freilich auch mehrfach angefochten
pkx j; X ist. Der durchaus individuelle Ty-
pus, welcher mit den bekannten
x_ Alexanderköpfen die einzelnen Züge
und namentlich das charakteristische
Fig. Sli. Der sterbende Alexander. Florenz.
mahnenartige Haar gemein hat, ist
allgrdings in's Pathologische gestei-
-gcrt, so dass ganz wie beim Laokoon der Ausdruck eines körperlichen
Schmerzes uns daraus ergreift. Treffend Sagt daher J- Bllfßkhafdfi
„Dei' Sohn Philipps wird zu einem jugendlißllßll Liwkoßll-ii Wenn dagegen
behauptet worden ist, kein griechischer Künstler würde je ein idealisirtes
Portrait mit dem Ausdrucke eines schmerzhaften Todes dargestellt haben,
so gilt dies gewiss für die früheren Epochen und ausserdem bei einer nur
als Portrait ausgeführten Darstellung für die gcsammte antike Zeit. Da