Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

NVas aus dem Kreise der Bildnerei ausgeschlossen bleibt, ist die 
Darstellung des vegetativen Lebens. Ein liillllll, ein Strauch, eine 
Ptianze greifen mit dem Geflecht ihrer Wurzeln tief in die Muttererde 
hinein, klammern sich wie mit lumdert Armen an den ernithrenden 
Boden fest und welken dahin, wenn sie ihm entrissen werden. SQlIUH 
aus diesem Grunde kann die Bildnerei die Piianzeiigestalt nicht zum 
Gegenstande der Darstellung machen. Sie vterlnöchte ja doch nur ein 
Stück derselben zur Anschauung zu bringen und müsste sich eines wich- 
tigen Theiles gänzlich enthalten; oder sie gäbe, wie es ihre Autgabe ist, 
den vollen Organislnus, dann aber sehwiebte die Pflanze mit ihrem 
NVurzelwerk in der Luft, fände keinen Standpunkt, keinen Halt, und 
machte, losgelöst von der (irundbetlingling ihres Daseins, den traurigen 
Eindruck einer für das Herbarium getrockneten Pdanzenleiehe. Und noch 
ein andrer Grund kommt hinzu. Die Gestalt jedes Pflanzenorganismus 
ist so reich an lüinzelheiteu, die neben und an einander gereiht sich frei 
gruppiren, eines das andere (leckend und übersclineidend, in dichte oder 
lockere Massen sich zusammenbalhentl, dass die Plastik in (lem Vielen 
vergeblich nach der einfachen bestimmten Form silehen würde, die allein 
zu voller Erscheinung von ihr siusgepritgt werden kann. Wo demnach 
ein Pflanzengtabilde (lem plastischen Werke als Zusatz zum Verstiilidiiiss 
lokaler und anderer Beziehungen gegeben werden soll, da hat die Plastik 
auf ausführliehe S(r.hilderung zu verzichten und mehr eine symbolische 
Andeutung und Abbreviatur als eine Nachbildung der vollen Wirklichkeit 
zu liefern. 
Anders verhält es sich sehen mit der Thierivelt. llier löst sich 
jedes Einzelwesen frei vom Boden ab und mag aueh vom Plastiker sich 
für ein besondres Postainent gewinnen lassen. Man kann (laher als 
Gesetz a.ussp1'eel1e,n, dass Alles, was nach eigenem Willen den Standort 
verändert, Gegenstand der Bildnerei ist. lIier bietet sieh nun ein (n-gani- 
sehes Leben in ganzer Vollständigkeit dar, in klarer Ausprägung der 
Idorm, jedes (fllierl in einer Sehiirfe und lhrutliehkeit seine Bestimmung 
und seine Beziehung zum Ganzen verrathenil, dass der Bildhauer sieh 
vorzüglich eingezogen fühlt, dem Gesetze der Naitur mit formenfrolienl 
Auge und naehsehatfenrlei- Hand zu folgen. Dennoch wird er auf diesem 
Gebiete sieh in dem engen Kreise rein sinnlicher Aftläktr: beschränkt sehen, 
und so frisch und kräftig er aus erster Hand hier den IHilssehlag des 
nur von der Natur bedingten Lebens in seinem Begehren, I-liirgen und 
läämpfen zu gewinnen vermag: eine höhere Intelligenz, ein Regen der 
selbstbewussten Seele wird nur als (lännnernde Ahnung aus solchen Ge- 
bilden hervorsehinnnern.
	        
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