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Zweites Bm
Formen zeigt, glaubt man eine Nachbildung desselben zu besitzent).
Andere nicht minder berühmte Werke des Meisters befanden sich eben-
falls in Rom. So vor Allem eine umfangreiche Marmorgruppe, ursprünglich
vielleicht für einen Tempelgiebel eomponirt, welche den Moment dar-
stellte, wie Aehill von seiner Mutter die hephiistischen Wzifteu erhält.
Ausser der Thetis war Poscidon und eine Schaar von Nereiden und Tri-
tonen, auf Secungelieuern reitend, in die Darstellung mit aufgenommen,
die ein übermüthig bewegtes Leben, ein rauschender Klang festlicher
Lust (liirehziehen mochte. Sodann war eine bewundernswürdige Mar-
morstatue der Aphrodite ebendert zu schauen, merkwürdig schon deshalb,
weil Skopas in ihr zum ersten Male die Göttin in der ganzen unverhüllten
Pracht voller Körperschönheit gezeigt hatte. In diese Reihe gehört
ferner ein sitzender Ares, der von Liebesghlt zur Aphrodite ergriffen,
träumerisch in sich verloren dasass. Eine lilarmornachbildung in der
Villa Ludovisi zu Rom (Fig. 6G) giebt eine Vorstellung davon, wie der
Künstler-dureli tiefe Innigkeit des Ausdrucks und durch das nachlässig
Weiche in der Haltung jene Seelenstimmnng veranschaulicht hatte- Eine
verwandte Grundanffassnng muss jene Gruppe gezeigt haben, in welcher
der Meister "Liebe, Sehnsucht und Verlangen" dargestellt hatte, ohne
Zweifel ein Werk, das nur durch die feinste Nüancirung des charakteri-
stischen Seelenausdrueks wirken konnte. Zu höchster Leidenschaft er-
hob sich dann wieder seine Schilderung in der Statue einer rasenden
Bakehantin, Welche von (lionysischem Taumel ergriffen, von Hatternden
Gewändern umrauscht, (lahinstürlnte, den Kopf in den Nacken geworfen,
mit aufgelöstem IIaar, in den Händen ein in der Raserei zerrissenes Zick-
lein haltend. Wenn wir von solchen Werken lesen, verstehen wir den
Ausdruck, Skopas habe den Marmor "beseelt" und seine Bakehantin
„rasen gelehrt." Gewiss sind die Hanptzüge dieser kühnen liIeister-
Schöpfung in die zahlreichen spätern Reliefdarstellungen bakchischer
Seenen übergegangen. Endlich erfahren wir, dass um 350 Skopas
nebst anderen Künstlern das Mausoleum zu Halikarnass mit Bildwerken
schmückte, von denen später zu reden List. Aus alledem (nkeiiiieii wir,
dass der Darstezllungskreis dieses Meisters das Gebiet idealer Anschau-
ungen war, dass aber innerhalb dieses Gebietes er vorzugsweise, ja man
darf sagen ausschliesslich jugendliche Gestalten von zarter Schönheit in
leidenschaftlicher Bewegung oder in inniger Erregung des Gemüthes auf-
suchte. Damit hängt zusammen, dass er fast ohne Ausnahme in Marmor
k) Vielleicht hat eine einfachere, schönere, jugendlichen: Alwllogestult,
englischem Privatbesitz (abgebildet bei lXIiillcr-Ocsterley II. Taf. XII, Fig."
mehr Anrecht auf diese Ableitung.
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