Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

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Zweites Buch. 
mehr die Hoheit und Würde, nicht mehr die feierliche Ruhe, die maass- 
volle Bewegung der früheren Zeit: das Streben wvar auf ein tieferes 
Pathos, auf erregteren Ausdruck des Gemüthes gerichtet. Statt der 
ernsten, erhabenen Göttercharakterc eines Phidias bildete man die Gott- 
heiten einer gluthvollen, lebensfreudigen Begeisterung; statt des körper- 
lichen Ringens heroischen Gestalten schilderte man die Kämpfe und 
Schmerzen der Seele und suchte in jeder Hinsicht durch höchsten Reiz 
und Schmelz der Form die Beschauer zu fesseln, ja 3.1.18 der gleichsam 
Llurchsichtigen Form die feinsten, tiefsten und zartesten Empfindlmgen 
des Gemüthcs hGTVOTSChlIIIIIIGTII zu lassen. Kam nun noch dazu, dass 
die Kunst mehr und mehr durch Gunst der Reichen und Mächtigen ge- 
fördert wurde, so musste sie um so entschiedener an Stelle jener grossen 
objectiven Gestaltung, in welcher die Gedanken und Strebungcn des 
ganzen Volkes sich aussprechen, die Bilder einer mehr subjectiven Be- 
geistcrung setzen. 
Die attische 
Schule. 
Skopas. 
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((321. 
An der Spitze der Meister von Attika steht Skopas. Die Insel Paros, 
die Heiinztth des schönsten griechischen Marmors, war sein Vaterland; 
der Hauptsitz seiner Thatigkeit während der ersten Hälfte des vierten 
Jahrhunderts war Athen. Doch finden wir ihn auch in andren Gegen- 
den, im Peloponnes wie in Kleinasien beschäftigt. Als Bildhauer und 
Architekt leitete er in seiner früheren Lebensepoche Bau und Aus- 
schmückuilg des im Jahr 394 abgebrannten Tempels der Athena Alea in 
Tegea. Es war eines der gefeiertsten imd glänzendsten Denkmäler des 
Peloponnes, durch Anwendung der drei Stiulenorthnnigcii, der ionischen 
für die äiussere Halle, der dorischen und korinthischen im Innern für die 
Galerie und das Dach, auch in architektonischer Hinsicht bedeutsamif). 
Sein reicher plastischer Schmuck bestand vernehmlich aus den ebenfalls 
von Skopas gearbeiteten Marmorgruppen der beiden Giebelfelder, die den 
Kampf Achills mit Telephos mid die Jagd "des kalydonischen Ebers dar- 
stellten. Obwohl wir nach den abgerissenen Andeutungen des Pausanias 
uns kein Bild von diesenOompositionen machen können, ist schon ihr In- 
halt bezeichnend für (lie neue Zeitrichtung. Denn die Giebelgruppen der 
vorigen Epoche wurden, soweit wir Kunde von ihnen besitzen, stets so an- 
geordnet, dass einer bewegten Gruppe in dem einen Giebelfeld eine ruhige 
in dem anderen entgegengesetzt war. Hier dagegen finden Wir beide Giebel 
mit Scenen leidenschaftlichen Kampfes ausgestattet, was gewiss der ge- 
steigerten Lust an Darstellungen voll feuriger Erregung znzusclireiben ist. 
meine Gcsch. 
Architektur. 
Aufl
	        
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