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Zweites Buch.
über den Genius eines Meisters zu staunen, der selbst in eine so gleich-
artige, gebundene Bewegung die köstliehste Schattiruug zu bringen
weiss. Ebenso bewundernsivürdig sind die R.eitersevl1:1a1'en, die mit
ihrem feurigen Leben, ihrer leichten Haltung auf den muthigen Bossen
immer neue Motive der Bewegung zeigen. So unversieglich ist die Er-
findungsgabe des Meisters, dass unter all den Hund-orten von Gestalten
nicht zwei einander gleiche getroffen werden. Einem grossen Musikei-
gleich weiss er selbst das einfachste Thema zu wunderbarem Reiehthuni
Jttergrupw
vom Parthono
Britisches Museum
Schöpfer des
Fricses.
zu entfalten und aus unscheinbarem Kenne eine volle Blüthenprzlelit von
Schönheit erspriessen zu lassen.
Dass nur von Phidias selbst dieser Fries herrühren könne, wird
schwerlich bezweifelt werden. Die Vollkommenheit der Zeichnung, die
Zartheit der Umrisse, die Feinheit der Fläehenbehanrllung bei einem Re-
lief, welches so iiaeh ist, dass es nirgend mehr als drei Zoll aus dem
Grunde hervorspringt, das Alles deutet darauf hin, dass der Meister
für einen grossen Theil des Fricses sogar die Modelle selbst vollendet
habe. Man (larf nur z. B. bei einzelnen Reitern das Bein und den Fuss
sehen, die hinter dem Rosse hervor sichtbar werden, diese fast hinge-
hauchte und doch so unnachahmliche Wärme und Wahrheit der Natur,
dies flüssige, weiche und doch so markige, elastische Leben der Glieder,
um solche Werke des höchsten Meisters würdig zu halten. Indess (lürfen
wir auch nicht verschweigen, dass in den der Westseitc angehörenden