Zweites Kapitel.
Die griec-Jüsehe Plastik.
Geschichtliche Entwicklung.
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des Körpers-in einer Anspannung zeigt, die im nächsten Augenblicke sich
in eine neue Wendung auflösen muss. Solchen Werken gegenüber begreift
man, dass die griechische Kunst damals jene höchste Freiheit in Auf-
fassung und Darstellung des Körperlichen, in der Schilderung der schwie-
rigsten und kühnsten Bewegungen erreicht hatte und dass ihr zur Voll-
endung nur noch die geistige Ver-
tiefung, der gedankenvolle hihalt
eines Phidias fehlte.
ü; Wienahe diese Zeit bereits
s. den beivunderten WMeisterwverken
.Ve phidiassiseher Kunst stand, möge
Q uns schlicsslieh eine vorzügliche
l i. wir Marmor-platte des brittisehen Mu-
"e i; jllll lt; seums zu London beweisen (Fig.
g 4e). In der Villa Hadrians bei
K F r I1 Tivoli gefunden, stellt sie den Ka-
s'liq,lli 1'" stor als Rossebändiger (lar, wie
i'll, er das feurig daher sprengcnde
Wääza j TW Thier am Zügel kräftig zurück
Q 1,51: M] reisst und mit der Wucht seines
A, 9 "hiiil zuiiiekgevvorfenen Körpers zum
{i Stehen zu bringen sucht. Die
er?! Composition ist voll Leben und
f, y Schönheit, meisterhaft besonders
in dem Körper des Helden die
f I" _ Ä "xiiw- doppelte Bewegung des Vorwärts-
Strebens und des Zurüekhalt-ens
m; Diskoswcrfer nach Mymm Rom harmonisch verbunden, und nur in
der Bewegimg des Pferdes macht
sich vielleicht der einsehiiinkeiide
Relief des
Russe-
biindigcrs.
Einfluss des Raumes bemerklich. Während die unübertreffliche Zart-
heit der Umrisse und die geringe Erhebung des Reliefs den Parthe-
neu-Friesen in nichts nachsteheu, ist um innerhalb der Fläche die
Behandlung der Formen etwas treckner, magerer, die Modellirting
härter und schärfer, wodurch der Eindruck jener idealen Anmuth und
Weichheit, der in den Partheuousculpturen lebt, diesem so treffliehen
NVerl-ze versagt laleibt. Doch erscheint es seinem ganzen Gepräge
nach als ein Erzeugniss attiseher Plastik, das uns die Behandlung
Solcher "(legenstäindein der Zeit kurz vor Phidias' Auftreten vergegen-
ivätrtigen mag.