Volltext: Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart

Zweites Kapitel. 
Die griec 
ische Plastik. 
Geschichtliche Enhvickll 
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mische und mythologische Gebiet von ihm nur ausnahmsweise betreten 
wird. Innerhalb dieser einseitigen Beschränkung scheint er die Kunst 
durch ausserortlentliche Schärfe der Naturbeobachtung und Feinheit der 
Durehbildung bedeutend gefördert zu haben. In dieser Hinsicht rühmt 
Plinius von ihm, er habe zuerst Nerven und Adern ausgedrückt und das 
Haupthaar sorgfältiger behandelt, womit offenbar gemeint wird, er habe 
die naturwahrc Dureliftilirung des Körpers in allen Theilen eonscquent 
und mit Feinheit angestrebt. Noch weiter wird diese Charakteristik be- 
gründet, wenn man ihm naehrühmt, dass er zuerst auf Rhythmus und 
Symmetrie bedacht gewesen sei, das heisst also, dass er die harmonische 
Erscheinung der gesammten Gestalt, die vollendete Uebereinstimmung der 
einzelnen Theile unter einander und mit dem Ganzen in seinen Figuren 
ausgeprägt habe. Dies muss besonders in seinem hinkenden Philoktet zu 
Syrakus hervorgetreten sein, da der Besehauer den Schmerz mit zu em- 
pfinden glaubte, und deshalb ein Epigramni den Verwundeten in die Klage 
ausbrechen lässt, dass der Künstler seinen Schmerz im Erze verewigt 
habe. Zwei Gemmen, die eine im Museum zu Berlin, die andere im 
Privatbesitz zu Bonn geben eine lebendige Anschauung des Originals. 
Der dritte und grösste dieser Künstler, dessen 'l'hätigkeit wie die 
des Kalamis Athen angehört, ist rllyron von Eleutherit in Böotien. Er 
war neben Phidias und Polyklet Schüler des Ageladas von Argos und er- 
scheint offenbar älter als seine beiden lllitsehüler, da er mit Pythagoras 
einen Wettstreit hatte. Gross war im Altertlnnn sein Ruhm, gross ist 
auch die Anzahl der ihm beigelegten NVerke, die weithin bis nach Klein- 
asien und Sieilien verbreitet waren. Das Material derselben war fast aus- 
seliliesslieh Erz, wie denn Plinius erzählt, dass er sich des Erzes von 
Aegina bedient, sein Mitschüler (lagegen, Polyklet, das von Delos vorge- 
Zogen habe. Doch werden auch ausnahmsweise ein Holzbild der Hekate 
auf Aegina und ein  sowie mehrere von ihm eiselirte Silber- 
geräthc tirivähnt. Seine Thätigkeit umfasst einen weiten Kreis von Dar- 
Stellungen: Götterbilder, heroische und athletisehe Glestalten, besonders 
auch Thiertiguren kannte man von ihm. 
Fragen wir nach dem, was für seine Richtung bezeichnend ist, so 
muss zunächst etwas Negatives hervorgehoben werden, dass nämlich in 
der grossen Reihe seiner Werke kaum eine einzige selbständige Dar- 
stellung einer weiblichen Gestalt sich findet, namentlich keinesolehe, in 
Welcher das Anniuthigti, Holde zum Ausdruck gelangte. Im Gegentheil 
ist das lllarmorwerk einer betrunkenen Alten in Smyrna, von dessen Cha- 
rakter eine im Capitol zu Rom belindliche spätere und übertriebene Dar- 
stellung des Gegenstandes Zeugniss ablegt, eher eine Andeutung, dass 
1 Kunst 
xrakter.
	        
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