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Buch.
Zweites
und F üsse der Weiblichen Gestalten. Die Figuren sind gedrungen, (larin
den Aegineten nahestchend, jedoch nicht in so vorzüglicher Durchbildung,
nicht in so vollkommneni Verständniss wie jene. Dagegen zeigt die Com-
position, bei einer gewissen Befangenheit, die sich mehrfach noch geltend
macht, überraschende Lebendigkeit und Frische, die in den Köpfen sogar
bereits zu mannichfaltigem Ausdruck, zu einem freien, intelligenten Ge-
präge gelangt, das dem starren Lächeln der Aegincten weit überlegen
ist t). Es muss noch hervorgehoben werden, (lass der Typus der Köpfe
dieselbe Grtuidlage zeigt, wie jene älteren selinuntischen Werke (S. 8G),
nur dass die Formen lebensvoller, harmonischer, die Verhältnisse richtiger,
die Augen kleiner, jedoch mit scharfen Lidern, die Lippen frei geschwungen,
ja gesehwellt erscheinen.
1 Ungefähr derselben Zeit wird nun auch das einzige bcdeutendere
Werk angehören, das inis von einer Blüthe altgriechischer Kunst in
Mittelitalien Zeugniss ablegt: das zu Ariecia gefundene, jetzt in der
Sammlung Despuig auf Mayorca befindliche Marmorrelief des Orest, der
seinen Vater rächt. Es besteht aus sechs Figuren, unter denen der
tödtlich getroffen zusammenbrechende Aegisth als die beste, originellste
erscheint. Ueber ihm schreitet der Rächer mit gezücktem Schwerte zu
neuem Morde, jedoch noch in Ungewissheit und Zweifel, da die Mutter,
die seine Schulter bittend mit der Hand erfasst, ihn um Schonlmg antieht.
Neben ihr steht Elektra, die mit vielsagendenl Blick nach dem Bruder
hinschaut, als wolle sie ihn in seinem Entschlusse bestärken; endlich an
beiden Enden des Reliefs zwei klzigcnde Diener-innen, in deren Entsetzen
sich der Eindruck der grausen That lebendig spiegelt. Auch in dieser
merkxrürcligen Darstellung, die in der herben Linienführung und allen
Aeusscrlichkeiten den strengen zzltcrthümlichen Styl nicht verleugnet,
ringt eine nach freiercm Ausdruck und dramatischer Bclebiuig strebcnde
Kunst sichtlich mit der Befangenheit der hergebrachten Auffassung der
Körperformen. Daher sind die schreitenden Gestalten noch steif und ge-
bunden, während die Figur des zusammenbrechentlen Acgisth geistvoll
gedacht und trefflich durchgeführt ist. Zwcifelhaft endlich erscheint es,
ob das lurter dem Namen der Lcukothca bekannte Relief der Villa Albani
bei Rom wirklich in allen Theilen acht alterthüinlich ist. Während die
sitzende weibliche Gestalt, welcher eine andre ein Kind übergeben hat,
auffallend an die Reliefs des Itlarlßyiendenkmals von Xanthos erimici-t,
nicht in die Zeit von
vermuthlich ohne An-
a?) Schon aus diesem Grunde lassen sich diese Werke
530-4320 v. Chr. hinuufdatiren, wie OIFBPIIIJCIi (I, S. 132),
schnuung der Originale, gethan.