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Malerei
Die
Italiens
im
Quattrocento.
Schon seine jetzt verlorene wMadonna mit dem hl. Michaek
von S. Cassiano, wie das später aus Venedig in die Galerie zu
Antwerpen gelangte wCalvarienbilda von 1475 en'cgten das hüchste
Aufsehen. Dann aber hatte er das Glück, in einigen Bildnissen
eine technische und künstlerische Meisterschaft zu entfalten, wie
sie noch jetzt in dem sog. Condottiere von 1475 im Louvre (K1,
B. 289) entzückt, einem Bildc, welches die technischelu und
realistischen Vorzüge eines Jan van Eyck erxeicht und diesen an
schneidiger Charakteristik vielleicht noch überbietet. Wenn die
nächstfolgenden Bildnisse in den Sammlungen Borghese in Rom,
Molfmi in Genua, Giovanelli in Venedig, Trivulzio (1476) in
Mailand und des Berliner Museums (1478) diesem hüchstens
nahekomrnen, so ist dies ausser den minder günstigen Modcllcn
wohl zumeist der geringeren Erhaltung zuzuschrciben. In dem
überaus charakteristischerx vhl, Sebastianx der Dresdener Galerie
erreicht er dann selbst die Kraft eines Mantegna (K1. B. 1z7)_
Kein Wunder, dass man in den Werkstätten zu Murano wie zu
Venedig die Technik wie den Effckt dersclben nicht bloss be-
wunderte sondern schleunigst sich anzrleignen suchte, zumal nicht
verborgen blieb, dass die Ülmalerei den Angriffen der Lagunen-
feuchtigkeit mehr Widerstand zu leisten verrnochte, als dic W'and-
1na1erei und selbst Tempera.
Hätte aber der Künstler in Sicilien isoliert bei seincr Hand_
rischen Richtung verbleiben künnen, so war clics in Venedig un.
müglich. Nachdem sein technischer Einduss die Leistungsfähigkeit
der einheimischen Kunstgenossen erst in ihre volle Wirksamkeit
gebracht, sah er sich selbst schliesslich gcrrätigt, deren Rück-
wirkung in sich aufzunehmen, um mit ihnen Schritt Ähaltcn zu
künncn. In dem vergeblichen Bemühen, erst die Bellinische
Kunstweise, dann die Ausdrucksweisen eines Carpaccio, Pier della
Francesca und Mantegna sich anzueignen, schwand seilr Handrischer
Iugendstil dahin. Damit aber auch, wie dies schon seine DBQ-
Weinung Christia in der k. u. k. Galerie zu Wien, die wMadonnax in
der Galerie zu Berlin und noch mehr seine späteren WVerke zeigen,
seine Bedeutung. Bald nach 1493 starb er in Venedig, nach
Vasari in seinem 50. Lebensjahre.
Während aber trotz der Belebung durch die Antonellosche
Ültechnik die Schule der Vivarini auf der Insel Murano in dem
Wettkampf endlich erlahmte, fmden wir die in Venedig Selbst
blühende Schule der Bellini in stetig aufwärtssteigender Entwicklung,
Iac opo B ellini hatte sich dem zwischen 1415-1420 in Venedig
thätigen Gentile da Fabriano als Schüler angeschlossen, und war