Venedig.
85
Madonnenbild von 1476, aus S. Domenico in Ascoli in die
Nationaigalerie zu London gelangt, einen umbrischen Zug, allein
diGSCT, auf Nladonnen und heilige Frauen wie Jünglinge beschränkt,
kontrastiert dann um so schärfer mit der Derbheit der männlichen
Gestalten. Dasselbe gilt von anderen Äladonnenbildern, wie
von der schünen sthronenden Marimc von 1482 in der Galerie des
Lateran (K1. B. 224) oder den xMadonnena in der Galerie zu Pest
und in der Sammlung Northbrook zu London (K1. B. 271, 524)
und von der wGeburt Christix in der Stiidtischen Galerie zu Strassbmg
(K1. B. 679). Seine Erhebung zum Ritter durch Ferdinand von Capua.
i. J. 1 490 ermäglicht zwar, die vor und nach dieser Zeit entstandenen
undatierten Bilder durch das Prädikat des Namens zu unterscheiden,
lässt aber an den späteren Werken keinen Rückgang der Schaffens-
kraft und Fähigkeit erkennen, ja es kann gerade sein letztdatiertes
Bild, die wPietäK von 1493 in der Sammiung Oggioni zu Mailand
ais sein vollendetstes bezeichnet werden. Vittorio Carpaccio,
sein Verwandter und Nachahmer, wie Pietro Alemanno, sein
Schüler, erreichen den Meister nicht.
Schon bei der Besprechung des Bartolomeo Vivarini musste
auf das Erscheinen eines Sicilianers in V enedig hingewiesen werden,
welcher die ganze venetianische Kunst auf die folgenreichste Weise
in eine andere technische Bahn lenkte. Es war Antonello da
Messina, geb. um 1444. Die Sterilität seines Vaterlandes im
Gebiete der Malerei und dazu die Hinneigung zu der nieder-
ländischen Kunst, welche die spanische Dynastie beider Sicilien
ebenso wie die Dynastie der Pyrenäenhalbinsel in häuügem Import
flandrischer Werke bethätigte, scheint den jungen Künstler be-
wogen zu haben, seine Ausbildung in den Niederlanden in Han-
drischen Werkstätten zu suchen. Das iiltestdatierte unter seinen
erhaltenen Werken, das Brustbild des vsegnenden Christuse von
1465, jetzt in der Nationalgalerie zu London, scheint, da es nicht
auf Eichenholz gelnalt ist, nach seiner Rückkehr in die Heimat
entstanden zu sein, und vder dornengekrünte Christus an einer
Säulea von 1470, aus Palermo in die Sammlung Cir nach Neapel
gelangt, wie der Flügelaltar von 147 3 in S. Gregorio zu Messina
lassen auf seine erste Tilätigkeit in Sicilien schliessen. Offenbar
aber fand sein Realismus wie die neue Ültechnik nicht die er-
wartete und verdientc Anerkennung un_d so verliess Antonello den
für die Pinselkunst noch lange Zeit unempfänglichen Boden, und
siedelte 1473 nach Vcnedig über, wo cr nicht bloss Iohnendere
Beschäftigung fand, sondern sofort für die Entwicklung der Malerei
der Lagunenstadt und darüber hinaus von hüchster Bedeutung wurde.