Florenz.
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stellend, lassen in der feinfühligen Idealität der Hauptügur die Voll-
reife des Meisters bereits ahnen, die dann auch in den sechs Dar-
stellungen aus der wGeschichte des hl. Franciscusrc in der Capella
Sassetti von S. Trinitä in Florenz fertig vorliegt. Die Natür-
lichkeit und vornehme ruhige Würde, die Formvollendung, Model-
lierung, Beleuchtung und Perspektive, wie sie in der xBestätigung
der Ordensregeln durch Papst Honoriusx und in der xLeichenfeier
des Heiligena sich darstellen, verbinden sich ausserdem in der
vWiederbelc-zbung des erstürzten Kindesc mit hochgradiger ko1o-
ristischer Meisterschaft.
Zu seiner hächsten Leistung aber erhob er sich in dem
umfänglichen Freskencyklus des Chors von S. Maria Novella in
Florenz, der an die Stelle der damals fast vüllig zerstürten
Orcagnaschen Gemälde trat. Vier Reihen von Gemälden bedecken
die drei Wände. Die Schlusswand enthält oben die rKrünung
Mariäcc und darunter paarweise rechts und links vom Fenster wFran-
ciscus vor dem Sultane und den vTod des Petrus Martyre, die xVer-
kündigunga und vjohannes in der Wüstea, endlich die vBildnisse
Giovanni Tornabuonis und seiner Gemahline, der Stifter des Ge-
mäldecyklus. An der Wzmd links folgen von unten nach oben:
zfjoachims Vertreibung aus dem Tempek: und zGeburt Mariäe,
darüber die vDarstellung im Tempela und die vVermählung Mariäa,
weiterhin die vAnbetung der Känigea und der xKindermorda,
endlich oben die wHimmelfahrt Mariärc. An der Wand rechts
sind dargestellt: Unten die vErscheinung des Engels bei Zachariasrr
(K1. B. 697) und die vHeimsuchunga, in der zweiten Reihe die
wGeburt und Namengebung des Johannesa, in' der dritten die
wBusspredigtrc und die wTaufe Christia, endlich oben der vTanz
der Salomea.
Von Verdienst ist dabei schon das Netz von Pilastern
und Gesimsen, welches die Gemälde umrahmend in perspektivische
Wirkung gesetzt erscheint. Auch die in den Bildern selbst vor-
kommenden architektonischen Veduten und Interieurs sind keine
blossen Symbole und 1nageren Phantasien mehr, wie früher, und
noch weniger barocke Schwülstigkeiten wie beiPhi1ippino, sondern
die wohlverstandene und geschmackvolle Frührenaissance der Zeit
L. B. Albertis. Die Figuren aber erscheinen in ungezwungener
Natürlichkeit und in adeliger Gemessenheit, welche jede Aufge-
regtheit ausschliesst, und jede Handlung vollzieht sich würdig in
befriedigender Sicherheit und Schänheit der Formgebung wie der
Bewegungsdarstellung. Sein Hüchstes erreicht der Kiinstler in
dem Bilde der wErscheinung des Engels bei Zachariase, welchem