30
Die
Trecento.
im
Italiens
Malerei
Siena malte, und erreichte seinen Hohepunkt mit der 130g
fentstandenen grossen Tafel für den Hochaltar des Doins zu
Siena, dessen Überführung aus der Werkstatt sich zu einer
denkwürdigen Prozession (19. Juni 1310) gestaltete. Das 4,2om
lange 2,10 m hohe Bild, dessen abgesägte Vorderseite mit
Madonna in der Glorie jetzt beim Ansano-Altar, und dessen
Rückseite mit den 26 Passionsdarstellungen in der Sakraments-
kapelle des Doms aufgestellt ist, zeigt einen erheblichen Fort-
schritt der früheren byzantinischen Art gegenüber. Und zwar
znicht bloss durch die sichere und sorgfältige Zeichnung und
Malerei, durch die richtigeren Proportionen, schäneren Formen
und einfache Vornehmheit der Gewanddarstelllung. Denn der
Hauptvorzug liegt in dem wahren und liebenswürdigen Ausdruck
in GesichLund Geberde, der an die Stelle der früheren Herb-
heit getreten ist, und namentlich an der Madonna und den
Engeln sich zu züchtiger Innigkeit der Empfmdung erhebt_
Trotzdem aber bleibt die Tradition in Auffassung, Kompo-
sition und Formensprache massgebend, so dass die erwähnten
Vorzüge mehr als eine Korrektur des Alten, denn als eine
durchgreifende Neuerung erscheinen, worin der diametrale
Gegensatz der florentinischen und der sienesischen Kunst von
vorneherein begründet ist und bleibt. Wenn sich auch das
Werk in dem angegebenen Sinne wie auch durch grüssere
Energie und mehr Studium des Nackten von der voraus-
gegangenen Kunst sehr vorteilhaft unterscheidet, so erinnert
es doch durch Komposition und Technik allerwärts an die
Wirkung der Mosaiken von Monreale, au die Malereien von
IS. Angelo in Formis, und an die Miniaturen des Exultet der
barberinischen Bibliothek.
Neben dem Dombild Duccios spielen dessen übrige nach-
weisbare Werke, wie die zKreuzigunga im Ospedale zu Siena,
oder die nMadonnenK in der Akademie und in der Spitalkirche
daselbst und in der Nationalgalerie zu London keine Rolle.
Noch weniger jene der gleichzeitig mit Duccio thätigen siene-
sischen Maler. Denn ein Ugolino, ein Segna di Bona-
ventura und dessen Sohn Niccolo di Segna stehen in
ihrer Oberüächlichkeit und Unselbständigkeit fühlbar unter
Duccio, und der bessere unter ihnen, Ugolino, erscheint noch
unentwegter als die übrigen in der sienesischen Abhängigkeit
von byzantinischer Tradition.
Einen bedeutenden Fortschritt machte aber Duccios Kunst
durch Simone Martini, geb. 1283 zu Siena. Sein Haupt-