Siena.
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die Annah1ne offen steht, dass die jetzt verschwundenen Evangelisten-
bilder des Gewülbes von ihm herrührten, da alle anderen Ge-
mälde mit dem Charakter der Fresken von Castiglione d'O1ona,
nicht übereinstimmen. Was Masolino, von Filippo Scolari, als
Hospodar oder Obergespan von Temesvar durch seine Landsleute
Filippo Spano beigenannt, nach Ungarn berufen, dort bis 1427
gemalt, ist erst noch zu suchen, es kann jedoch, weil vor den
Cyklen von Castiglione entstanden, wenigstens keinen vor-
geschritteneren Charakter als jene Fresken gehabt haben. Von
Masolinos schliesslichen Lebensverhältnissen und Arbeiten aber
ist nichts Sicheres nachzuweisen.
Siena.
Eines ähnlichen, wenn auch um einen Grad minderen Auf-
schwunges der Malerei, wie Florenz hatte sich in den Zeiten
Cimabues und Giottos auch Siena zu erfreuen. Doch bedeutete
dieser Aufschwung nicht jenen Bruch mit der Vergangenheit,
durch welchen Giotto der Kunst neue und nationale Bahnen
eräffnete. Denn in Siena empündet man dauernd das Fest-
halten an der eingewurzelten byzantinischen Tradition, von
welcher sich zwar schon der Begründer der Schule bis auf
einen gewissen Grad zu emanzipieren strebte, zu der aber seine
späteren Nachfolger in überraschender Weise wieder zurück-
lenkten, nachdem ein Simone und Lippo Memmi, namentlich
aber die beiden Lorenzetti erfreuliche Schritte vorwärts gethan-
S0 konnte Siena, damals mit Florenz auch politisch rivalisierend,
in der Kunst der Arnostadt nicht vüllig gleichkommen, indem es.
sich nicht dazu zu erschwingen vermochte, in der Weise Giottos
die Darstellungen von neuen Gesichtspunkten und aus eigener
Vorstellung anzuordnen und zu gestalten. Trotz aller Ver-
schünerung durch feines Empfinden, geschmackvollere Formen,
lebhaftes Kolorit und sorgfältige Behandlung von Beiwerk und
Dekoration blieb vielmehr stets ein traditioneller Grundzug als
archaistische Fessel bestehen.
Was Giotto für Florenz, wurde Duccio für Siena, Wir
wissen nichts von der Zeit seiner Geburt und kännen ihn
nicht vor 1285 nachweisen, in welchem Iahre et urkundlich
als ,Duccio quondam Boninsegnä von Siena in Florenz be-
schäftigt erscheint. Sein Ruf war schon begründet, als er
im Jahre 1302 die wMaestäa (thronende Madonna mit Heiligen-
urngebung) für den Altar der Kapelle des Palazzo Pubblico zu