Die
Historien-
und
Bildnismalerei
Frankreich.
in
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Mit Boucher kann dessen Mitschüler bei Le Moine, Charles
Hutin, 1715_1776, fast drei Jahrzehnte in Dresden thätig
und dort als Akademiedirektor gestorben, nicht entfernt verglichen
werden. Noeh Weniger aber Antoine Pesne, geb. 1683 und
seit 1710 bis an seinen Tod 1757 als Hofmaler und Akademie-
direktor zu Berlin und hauptsächlich im Bildnis thätig. Des
letzteren an Rembrandt gemahnende Helldunkelmalerei hätte
übrigens in Frankreich keinen Eindruck gemacht, auch wenn Pesne
in seiner Heimat geblieben wäre. Dem kreidig hellen Kolorit
Bouchers entsprach namentlich im Bildnis mehr die durch die
Venetianerin Rosalba Carriera in Paris eingeführte Pastellmalerei
welche sich in der Zeit des Puders und der Schminke rasch eine
dominierende Stellung eroberte. Die hervorragendsten Meister
auf diesem Felde sind Maurice Quentin de la Tour, 1704
bis 1788, besonders im Museum seiner Vaterstadt St. Quentin,
im Louvre und in Dresden vertreten, und Jean-Etienne
Liotard aus Genf, 17o2_178g, besonders in Amsterdam in
zahlreichen und in Dresden in vier Stücken zu iinden, unter
welch letzteren das berühmte xChokolademädchene (K1. B. 210).
Neben beiden ist der lang am bayerischen Hofe thätige Joseph
Vivien (1657_1735) zu nennen, wie auch die arn spätesten
gestorbene Künstlerpersünlichkeit, welche in unserem Buche in
Betracht kommt: Elisabeth-Luise Le Brun, geb. Vigee,
17 53-1842, Portriitmalerin in Pastell und in Ül, welche dem Kunst-
charakter der letzten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts auch noch
ins 19. hinein getreu blieb (K1. B. 240. 288. 648).
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts aber kehrte die franzäsische
Historienmalerei wieder zur Antike, und gewissermassen zu der
Auffassung des Nicolas Poussin zurück. Dies kann nicht bloss
als das Ergebnis der Revolution betrachtet werden. Denn schon
Joseph-Marie Vien, 171661809, und sein Schüler Frangois-
Andre Vincent, 1746-1816, wie auch Jean-Frangois-
Pierre Peyron, 1744-4820, hatten sich das klassizistische
Programm gestellt. Allein man sieht, dass es ihnen an Kraft
fehlte, das pomphafte Wesen eines Le Brun, wie die Koketterie
des 18. Iahrhunderts ganz abzustreifen. Die Fäden der Tradition
ganz zu zerreissen, war erst dem Maler des Revolutionszeitalters,
Jacques-Louis David, 1748;1829, vorbehalten. Dieser aber,
obwohl wenig jünger als die letztgenannten, gehürt in seiner Art
bereits ganz der neueren Zeit an, und stellt sich an die Spitze
jener Kunst, welche der Empire-Kultur der ersten Jahrzehnte des
19. Jahrhunderts das Gepräge gab.