Die
Historien-
und
Bildnismalerei
in
Frankreich.
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dem Studium raphaelischer Stiche und der Werke N. Poussins zu
nähren suchte. Beide wurden aber von Charles Le Brun,
1619-1690, überboten, der nach "seiner Rückkehr aus Rom, als
Haupt der Pariser Akademie der fanatische Gegner Mignards,
seines einstigen Mitschülers bei Vouet, wurde. Dem Nicolas
Poussin an Formvollendung nachstehend, erscheint er ihm an
Prunk, Bewegung und Pathos überlegen, und erwuchs dadurch
zum entsprechendsten und meist beschäftigten Repräsentanten der
Kunstideen Ludwig XIV. Seine bewegten und iigurenreichen
Historienbilder, worunter der xAlexandercyklusx- im Louvre seine
Richtung und Begabungsart wohl am deutlichsten ausspricht, sind
auch von anerkennenswerter dekorativer Bedeutung.
Die zweite Generation der Schule V ouets und N. Poussins
bildeten Künstler, wie Noel Coypel, gest. 1707, und dessen
Sohn Antoine Coypel, gest. 1722, dann die Schüler Le Bruns,
Frangois Verdier, gest. 1730, Charles de la Fosse,
gest. 1716, jean ]ouvenet IIL, gest. 1717, Bon Boulogne,
gest. 1717, und dessen Bruder Louis Boulogne 1e j., gest.
1733, sämtlich Akademiker tüchtigen Schlages aber ohne hervor-
stechende Eigenart. Anziehender sind die Bildnismaler, von
welchen schon Claude de Fevre, 1633-1675, und dessen
Schüler Frangois de Troy, 1645-1730, der Maler der
Damemvelt, hervorragen. Erhühter Beliebtheit erfreute sich Nicolas
de Largilliere, 1656-1746, welcher durch Studien bei Ant.
Goubau in Antwerpen und bei Peter Lely in London seine ein-
heimische Art zu verbessern suchte, aber in seinen 1500 Bild-
nissen, welche er in einem neunzigjährigen Leben malte, nicht
bloss von verschiedenem Werte ist, sondern auch der sich mittler-
weile vollziehenden Änderun g der äusseren Erscheinung entsprechend,
starke Modiükationen verriit. Jedenfalls Wurde er durch den bedeu-
tendsten Bildnismaler seiner Zeit überboten, nämlich durch Hya-
cinthe Rigaud, 1659-1743, welcher die müde Spätzeit
Ludwig XIV., wie die lüsterne Üppigkeit der Frühzeit Ludwig XV.
in einer XVahrheit wiederzugeben wusste, die seine Werke zu den
anschaulichsten Kulturbildern seiner Zeit macht;
Das Historienbild des 18. Jahrhunderts setzte den YVandel,
welchen die antiquarische Richtung Poussins seit Le Brun erfahren
hatte, fort. Während Nicolas Poussin seinen künstlerischen Aus_
gangspunkt von dem antiken Wandgemälde der sog. Aldobran-
dinischen Hochzeit genommeli, erscheinen jetzt die klassischen
Darstellungen im diametralen Gegensatz zu Poussin von der da-
maligen Bühne wie von hoüschen Festen entlehnt. Dem pikanten