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Spanien.
bildet, wäre dieser vielleicht nie in dem Masse, wie es Wirklich
geschehen, aus dem Bann seiner heimatlichen Kunst gelangt,
wenn nicht Pedrov Moya, der in letzter Stunde der Unterweisung
Van Dycks teilhaftig geworden, 1642 aus London nach Sevilla
zurückgekehrt wäre. Von dessen weicher van Dyckschen Art ent-
zückt, begab sich nun Murillo gleichfalls auf die Wanderschaft,
um in Madrid, von seinem älteren Landsmann Velazquez unten
stützt, seine bisherige Kunst durch Studien nach den Tizian,
Ribera, Rubens und Van Dyck der küniglichen Sammlung zu
erweitern. Aus diesen und im Zusammenhang mit der Kunst des
Velazquez entwickelte nun der Sevillaner seinen Stil mit einer
selbständigen Kraft, welche ihn davor bewahrte, Nachahmer und
Manierist zu werden. S0 konnte er schon 1645 als fertiger
Meister nach Sevilla zurückkehren, wo er auch bis zu seinem
Tode verblieb, im Gegensatz zu Velazquez hauptsächlich mit dem
Kirchenbild beschäftigt, das seiner schwärmerischen Frümmigkeig
mehr entsprach als mythologische oder Porfrätdarstellung.
Der Unterschied zwischen den vor 1642 entstandenen
Kirchenbildern und den nach des Murillo Rückkehr aus Madrid
gemalten ist unverkennbar. Denn während die vMadonna mit
Petrus, Paulus und Dominikusr im Colegio S. Tomas, wie die
xViSiOH eines Franziskanerse im Fitzwilliam-Museum zu Cambridge
noch von der Härte der älteren Sevillaner Kunst und speziell
jener des juan del Castillo sind, iänden wir in dem 1646 gemalten
Cyklus des Pranziskanerklosters zu Sevilla, dessen elf Bilder jetzt
im Louvre, in der Akademie zu Madrid, in den Sammlungen
Dudley in London, Pozzo di Borgo in Paris und Ch. B. Curtis
in New York bewahrt sind, zwar noch eine gewisse jugendliche
Sprüdigkeit, aber schon die zarte duftige Realität und Wahrhaftigkeit,
welche, als das Erzeugnis seiner mystischen Religiüsität, selbst
ekstatische Schwärrnerei und visionären Supranaturalismus in die
Sphäre der Wirklichkeit zu rücken vermochte, wie dies keinem
anderen Meister gelungen war,
Die volle Reife tritt uns dann schon von den fünfziger
Jahren an entgegen. S0 in der nGeburt Mariäe von 1655, im
Louvre, und in der vVision des hl. Franziskusa von 1656 im Bapti-
sterium der Kathedrale von Sevilla. Leider sind weiterhin nur
mehr wenige Gemälde datierbar. S0 noch die vier 1665 für
S. Maria la Blanca. in Sevilla gemalten Darstellungen, Von welchen
sich die wlmmaculataa im Louvre, und die zwei Bilder der 1) Gründung
der Basilika von S. Maria Maggiorerr in der Akademie zu Madrid
befmden (K1. B. 659), das vierte jedoclm nicht mehr nachweisbar