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Die
Malerei.
vlämische
eines Wolgemut und Hans Holbein d. Ä. ein Dürer und Holbein
d. hervorging, und ebensowenig künnen für ihr Erscheinen die
allgemeinen bürgerlichen wie politischen Verhältnisse von F lorenz,
Nürnberg und Augsburg als Gründe aufgestellt werden. Ein Rubens
und ein Rembrandt erschienen, und es begann mit ihnen die Kunst
in beiden Niederlanden neu zu blühen, wie Shxikespeare und
Goethe die Literatur ihrer Zeit wieder aufleben liessen. Es vollzog
sich der Aufschwung, gleichviel, ob die Situation einem solchen
günstig oder ungünstig, wie es auch nicht ausschlaggebend war,
ob dabei mehr oder weniger Miicenatentum zu Pate gestanden_
Sie sind es, welche die neue Ära erzeugen, und nicht durch die
niederländische Kunst wurden Rubens und Rembrandt hervor-
gebracht, sondern die niederländische Kunst durch sie. Was 21115
den Werkstätten der Floris und Van Veen, der Cornelis van
Haarlem und Bloemaert an sich hervorgehen konnte und musste,
waren Talente wie Balen und Honthorst, Lente ihres eigenen
Schlages. Hätten sich nicht diesen aussergewähnliche, geniale
Kräfte, wie deren in Jahrhunderten nur wenige das Licht der
Welt erblicken, beigesellt, so fehlten einfach Blätter der Kunst-
geschichte, die zu den glänzendsten aller Zeiten gehären und
durch das Schaffen von hundert blossen Talenten nicht ergetzt
werden künnten.
Peter Paul Rubens trat unter absonderlichen, seiner En;
wicklung keineswegs fürderlichen Familienverhältnissen ins Leben,
Sein Vater, Dr. Jan Rubens, Schüff von Antwerpen, war aus
Religionsgründen exiliert und lebte seit 1568 in Küln. Als Rechts.
beistand der Prinzessin Anna von Solms, der Gemahlin des Prinzen
Wilhelm von Oranien, mit dieser in sträflichen Verkehr gelangt,
entging er mit Not dem Verbrechertode, wie es ihm auch erst
nach zweijähriger Kerkerhaft I573 gestattet wurde, in dem nassau-
ischen Städichen Siegen mit seiner edelmütigen Gattin interniert
zu leben. Dort kam am 28. Juni 1577 der Künstler zur Wek
und wurde in Küln, wohin die Familie 1578 gegen Erlegung VQn
Kaution zurückkehren durfte, erzogen. Erst nach des Vaters
Tode 1587 und nach Rücktritt zum Katholizismus erlangte die
Familie die Rücknahme der Verbannung, so dass Rubens im Jesuiten-
kolleg zu Antwerpen seine wissenschaftliche Bildung fortsetzen,
und bei der Gräfin Lalaing zum Zweck seiner Erziehung zum
Kavalier als Page dienen konnte. Auch wollte die Mutter seine;-
Neigung zur Kunst nicht widerstreben, sah sich aber bald ent.
täuscht, als sie glaubte, dass für eine dilettantische Liebhaberei
der Unterricht bei einem schwachen Landschafter ihres Bekannten-